SNB: Vorerst keine Negativzinsen, doch Risiken bleiben

Heutige Marktentwicklung

Die SNB hält an 0 % fest und verzichtet vorerst auf die Einführung von Negativzinsen. Doch die Ruhe könnte trügerisch sein – geopolitische Risiken und Zölle könnten alles ändern. Dr. Stefan Kunzmann mit der Analyse.
Am 29.09.2025 in CIO-Kommentar von Dr. Stefan Kunzmann, Leiter Investment Research
Wie von den allermeisten Marktteilnehmern erwartet, hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Leitzinsen nicht weiter gesenkt, sondern bei 0 % belassen. Hierfür hat sie gute Gründe. So hat der Schweizer Franken gegenüber dem US-Dollar nach Trumps «Liberation Day» zwar deutlich an Wert gewonnen, der Aufwertungsdruck hat sich zuletzt aber abgeschwächt. Gegenüber dem Euro hat sich der Franken im laufenden Jahr seitwärts bewegt. Es gab also für die Schweizer Währungshüter keinen triftigen Grund, einer potenziellen weiteren Aufwertung mit tieferen Leitzinsen entgegenzuwirken. Gleichzeitig hat sich die Lage bei den Teuerungsraten etwas beruhigt, es scheint eine Bodenbildung stattzufinden. Die Inflationsrate liegt mit 0.2 % leicht im positiven Bereich und damit innerhalb des Zielbands der SNB. Entsprechend wird am Markt auch für die kommenden Sitzungstermine keine weitere Leitzinssenkung eingepreist.

Trotzdem kann das Thema jederzeit wieder auf die Agenda gelangen. Solange die hohen US-Importzölle für Schweizer Waren existieren und nicht klar ist, welche Regeln in Bezug auf die Pharmakonzerne am Ende tatsächlich gelten werden, kann sich die Lage jederzeit ändern. Das Thema Negativzinsen würde am Markt erneut auf die Tagesordnung gesetzt. Bleibt es aber bei den von US-Präsident Trump am vergangenen Donnerstag auf Truth Social verkündeten Zölle auf Arzneimittel (nämlich nur auf Markenprodukte und patentgeschützte Produkte) und den dort genannten Ausnahmen, dann können Schweizer Grosskonzerne wie Roche und Novartis aber auch Lonza und Sandoz – und damit die Schweiz insgesamt – wohl etwas aufatmen. Ausgenommen wären danach nämlich Pharmaprodukte, für die aktuell bereits ein Werk in den USA gebaut wird, d.h. für Produkte, die später in den USA selbst hergestellt werden. Natürlich können bereits bestehende Werke stärker ausgelastet und/oder aufgerüstet werden, was insbesondere Lonza zugutekommen dürfte. Der Konzern hat jüngst seine Präsenz in den USA mit dem Erwerb eines Werkes von Roche in Vacaville gestärkt. Auch Roche und Novartis haben bereits Milliarden-Investitionen in den USA angekündigt, wobei diese Investitionen nach Ansicht unseres Analysten mit hoher Sicherheit auch ohne Druck von Importzöllen getätigt worden wären. Kommen also die vom US-Präsidenten genannten Zölle inklusive der Ausnahmeregelungen, dann dürfte das Szenario vom KOF Institut für 2026 Realität werden, dass zwar eine Abschwächung aber keinen Einbruch der Schweizer Konjunktur signalisiert.

Für Anlegerinnen und Anleger bedeutet der Verzicht auf Negativzinsen leider nicht, dass sie bei kurzlaufenden Schweizer Staatsanleihen mit geringfügig positiven Renditen rechnen dürfen. Diese sind vielmehr für Laufzeiten von 0 bis 5 Jahren leicht negativ. Speziell für private Investoren ist ein Engagement in Anleihen der Eidgenossenschaft deshalb unattraktiv. Dies gilt auch für 10-jährige Staatsanleihen. Diese rentierten in der vergangenen Woche mit nur etwas mehr als 0.1 %.

Uneinheitliche Signale von Europas Konjunktur

Die jüngsten Stimmungsindikatoren für die Eurozone sind auf aggregierter Ebene in Bezug auf die konjunkturelle Entwicklung gemischt ausgefallen. Der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungsbereich hat etwas zugelegt, jener für den Industriebereich hat sich leicht abgeschwächt. Die positiven und negativen Signale halten sich somit in etwa die Waage. Dies gilt auch für Deutschland, die grösste Volkswirtschaft Europas. Positiv ist dabei festzustellen, dass sich der Index für den deutschen Dienstleistungsbereich wieder etwas deutlicher über der kritischen 50-Punkte-Marke eingestellt hat, was auch in einem entsprechenden Anstieg des Gesamtindex auf 52.4 Punkte resultierte. Im Gegenzug hat aber der deutsche Ifo-Index enttäuscht und gab entgegen den Erwartungen nach.

Es gibt entsprechend keine Notwendigkeit, die Prognosen für die konjunkturelle Entwicklung der kommenden Quartale anzupassen. Die Konsensprognose für die Eurozone verspricht für 2025 eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts von 1.2 % und für 2026 von 1.1 %. Dies sieht auf den ersten Blick zwar eher dürftig aus, entspricht aber in etwa dem, was man längerfristig erwarten darf. Die durchschnittliche Wachstumsrate des BIP lag über die vergangenen 25 Jahre mit 1.3 % nur geringfügig über den aktuell prognostizierten Werten.

Es ist deshalb wenig verwunderlich, dass auch seitens der EZB momentan keine weiteren Leitzinssenkungen am Markt eingepreist sind. Die Konjunkturdynamik entspricht dem längerfristigen Durchschnitt, die Arbeitslosenquote in der Eurozone bewegt sich auf ihrem Tiefstand und die Inflationsrate liegt mit 2 % am oberen Ende des Zielbandes der Europäischen Zentralbank. Somit gibt es aktuell wenig Gründe für eine expansivere Geldpolitik der EZB.

Heutige Marktentwicklung (Stand ca. 09:15 Uhr, 29. September 2025, Basel Zeit)

Die Aktienmärkte zeigen sich zum Wochenbeginn freundlich. Der Schweizer Aktienindex (SMI) liegt etwa 0.5% im Plus, der deutschen Aktienindex (DAX) steigt um gut 0.2%. Für die US-Aktienmärkte signalisieren die Futures-Börsen ebenfalls einen positiven Wochenstart.
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Dr. Stefan Kunzmann, Leiter Investment Research

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