Podcast: Was eine Polarexpedition mit Anlegen gemeinsam hat

Neue Episode des BKB Finanzcast mit Anlagechef Sandro Merino und Extremsportlerin Anja Blacha.

Anja Blacha stand als jüngste Deutsche auf dem Mount Everest, als erste deutsche Frau auf dem Gipfel des K2, sie bestieg erfolgreich alle «Seven Summits» und absolvierte zuletzt die längste Solo-Polarexpedition einer Frau. Im neuen BKB Finanzcast unterhält sich Sandro Merino, der Anlagechef der Basler Kantonalbank, mit der deutschen Ausdauer- und Extremsportlerin über ihren einsamen Trip zum Südpol, den Umgang mit Risiken und Frauen in vermeintlichen Männerdomänen.
Am 16.04.2021 in Podcast-Episoden von Raphael Vannoni

Bis vor wenigen Jahren stieg Anja Blacha höchstens mal zum Vergnügen auf einen Berg. Heute hält die gebürtige Bielefelderin, die in Zürich lebt, bereits mehrere Extremsport-Rekorde. Die bisherige Krönung ihrer noch jungen Karriere schaffte Blacha mit der Solo-Expedition zum Südpol, den sie nach einem unglaublich strapaziösen, 58 Tage langen Marsch auf Skiern durch Schnee und Eis erreichte. Ihr Leistungsausweis ist umso beeindruckender, wenn man bedenkt, dass sie erst 2013 mit dem Bergsteigen anfing: «Im Peru-Urlaub trekkte ich auf den Machu Picchu. Als ich zum ersten Mal im Schlafsack im Zelt übernachtet habe, fing ich Feuer für die Idee eines aktiven Urlaubs als Ausgleich zum Alltag im Büro», erinnert sie sich. Als nächstes knöpfte sie sich 2015 den Aconcagua in Argentinien vor, den höchsten Berg Südamerikas. «Auf jeder Tour suche ich Inspiration für Neues, und so führt das eine zum anderen», so Blacha.

Auf sich allein gestellt durch die eisige Wildnis

Selbst als sie die «Seven Summits» geschafft hatte – die Besteigung der höchsten Gipfel auf allen sieben Kontinenten – gab sich die ambitionierte Sportlerin nicht zufrieden. Ihre bisher grösste Leistung ist eine erfolgreiche Solo-Expedition zum Südpol. Völlig auf sich allein gestellt legte Blacha insgesamt 1381 Kilometer von der Gould Bay an der Küste der Antarktis bis zum Südpol zurück. Anfänglich zog sie dabei einen 110 Kilogramm schweren Schlitten mit Ausrüstung und Nahrung hinter sich her. «Wie kann man fast zwei Monate alleine unterwegs sein? Wie schafft man so etwas, körperlich und mental?», will Sandro Merino von der 30-jährigen Deutschen wissen. «Am Anfang wusste ich nicht, wie es sich anfühlen wird», blickt Blacha zurück, «aber es war ein magischer Moment. Die Antarktis hat mich mit strahlendem Sonnenschein empfangen». Als dann der erste Sturm aufkam, sei alles viel härter geworden.

Whiteouts erschweren die Orientierung


Mutterseelenallein in der endlosen Weite, bei extremer Kälte und schonungslos der Natur ausgesetzt, würden die Gedanken ständig ums nackte Überleben kreisen: «Navigieren, auf die Reserven achten, Kopfrechnen, ob ich im Schnitt bleibe. Davon hängt alles ab. Ich muss meine täglichen Kilometer schaffen, nicht zu viel Nahrung verbrauchen», erklärt Blacha. Eine Expedition in der Antarktis sei eine Reise ins Ungewisse, weil ab dem 85. Breitengrad kaum noch Kartenmaterial existiere: «Die Route, die ich gewählt habe, ist nur wenig dokumentiert. Die Navigation funktionierte über wenige Wegpunkte, die ich ins GPS eingespeichert hatte. Mit einem Kompass navigierte ich dann von einem Punkt zum nächsten». Besonders schwierig war die Orientierung während den wetterbedingten Whiteouts, wenn sich der Himmel nicht mehr vom Boden unterscheiden lässt.

Nicht jedes Risiko kann man ausschliessen

Solche Expeditionen sind naturgemäss mit hohen Risiken verbunden. Merino will deshalb von der jungen Frau wissen, wie sie damit umgeht. «Zunächst muss ich Risiken antizipieren und mir überlegen, was passieren könnte. Ausschlaggebend sind drei Faktoren: die Natur, die Ausrüstung und ich selber», so Blacha. Ich einem zweiten Schritt überlege sie sich, wie sie bestimmte Risiken mitigieren – also eindämmen – kann: «Nehme ich eine alternative Route? Nehme ich Reparaturmaterial oder redundante Ausrüstung mit?». Schliesslich gebe es auch die Risiken, die man weder antizipieren noch mitigieren könne: «Am K2 gibt es beispielsweise unterhalb des Gipfels einen Eisblock, von dem jeden Moment Stücke hinausbrechen können. Da muss ich vorbei und kontrollieren kann ich es nicht», so Blacha. In der strukturieren Risikoanalyse der Extremsportlerin sieht Merino Parallelen zur Finanzwelt: «Auch Anleger müssen Risiken antizipieren und ihr Portfolio diversifizieren. Und es gibt Dinge, die man einfach akzeptieren und aushalten muss».

Ein starkes Zeichen gegen gängige Vorurteile

Als Blacha im Januar 2020 den Südpol erreichte, hisste sie nicht etwa eine Deutschland-Flagge, sondern einen Banner mit dem Spruch: «Not bad for a girl - almost impossible for everyone else». «Ich wollte mit einem Augenzwinkern die Botschaft rüberbringen, dass wir uns von Vorurteilen befreien müssen. Oft denkt man, dass Polar- oder Bergexpeditionen nur etwas für starke, männliche Abenteurer sind. Ich habe aber bewiesen, dass es für den Erfolg noch ganz andere Zutaten als Muskelkraft braucht», so Blacha. Ihre aussergewöhnlichen Leistungen erklärt sie mit mentaler Stärke, Disziplin, Beharrlichkeit, akribischer Planung und Sicherheitsbewusstsein. Einige physische Unterschiede würden sich sogar als Vorteil erweisen: «Dank meines geringeren Körpergewichts brauche ich etwa in der Höhe weniger Sauerstoff und verliere auf längeren Expeditionen weniger Gewicht».
Als Ausdauer- und Extremsportlerin will Blacha anderen Frauen Mut machen: «Selbst klassische Männerdomänen sind für uns absolut erreichbar», hält sie fest. Gerade in der Welt des Sports hätten Athletinnen zu Unrecht noch immer mit Vorurteilen zu kämpfen. Und was gewinnt sie sonst aus all den Strapazen? «Auf einer Expedition ist man so stark wie nirgendwo sonst auf den Moment fokussiert und erfährt bewusst den Augenblick. Auch diese innere Reise ist wichtig. Man hat eine ganz andere Wahrnehmung als in unserer hektischen und so stark vernetzten Welt.» Und so treibt Anja Blacha letztlich die gleiche Sehnsucht an wie uns alle: die Suche nach dem letzten grossen Abenteuer.

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Raphael Vannoni

Fachspezialist Kommunikation

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