Unberechenbare Zollpolitik der USA einmal mehr im Fokus

Heutige Marktentwicklung

Die sprunghafte US-Zollpolitik sorgt erneut für Unruhe an den Märkten – mit globalen Folgen. Während Trumps Kurswechsel kurzfristig Exportnationen wie der Schweiz Auftrieb verleiht, zeigen Konjunkturdaten bereits klare Signale einer bevorstehenden wirtschaftlichen Abschwächung. Mehr dazu in der nachfolgenden Analyse von Dr. Stefan Kunzmann, Leiter Investment Research der Basler Kantonalbank.
Vorgestern in CIO-Kommentar von Dr. Stefan Kunzmann, Leiter Investment Research

Auch letzte Woche hat das Hin und Her bei den US-Zöllen die Schlagzeilen dominiert. Donald J. Trump hatte eine deutliche Erhöhung der Zölle auf alle Waren aus der EU angekündigt. Der Wochenbeginn war entsprechend von der Erleichterung der Aktienmärkte über die Verschiebung der angedrohten EU-Zölle bis zum Ende des generellen 90-Tage-Moratoriums am 9. Juli geprägt. Die Aktienkurse legten wieder zu. Zur Wochenmitte folgte dann das juristische Veto zur Grundlage bestimmter Zollerhebungen, dieses wurde am Folgetag von einem Berufungsgericht jedoch vorläufig wieder aufgehoben wurde. Zu guter Letzt sorgte die vom US-Präsidenten angekündigte deutliche Anhebung der Zölle auf Stahl und Aluminium sowie die sich wieder verschärfende Rhetorik zwischen den USA und China für Schlagzeilen. Die Zoll- und Handelspolitik der USA bleibt somit auch in den kommenden Monaten das bestimmende Thema an den Finanzmärkten und dürfte für anhaltende Volatilität bei den Aktien sorgen.

Auch wenn sich die Zölle bislang nicht klar in den harten ökonomischen Fakten niederschlagen, ist in den kommenden Quartalen mit einer schwächeren Wirtschaftsentwicklung insbesondere in den USA zu rechnen. So wurde bei der zweiten Schätzung zum US-BIP im ersten Quartal 2025 zwar die Wachstumsrate insgesamt nur wenig angepasst (von -0.3 % auf -0.2 %), der Anstieg des privaten Verbrauchs aber auf nur noch 1.2 % (QoQ, annualisiert) reduziert. Dies ist deshalb von Bedeutung, machen doch die Konsumausgaben der privaten Haushalte in den USA fast 70 % der gesamten Wirtschaftsleistung aus.

Der zuletzt erfolgte Anstieg bei der Erwartungskomponente des US-Konsumentenvertrauen (Conference Board) dürfte auf die zumindest vorübergehende Entspannung im Handelsstreit zwischen den USA und China Mitte Mai zurückzuführen sein. Aber auch hier gilt, dass die Unsicherheiten in Bezug auf den Ausgang der Verhandlungen weiterhin hoch sind. Es ist bislang nicht absehbar, welche Zollsätze am Ende den Handel mit den USA bestimmen werden. Unseres Erachtens werden aber die Basiszölle von 10 % Bestand haben. Dies scheint zwar aus heutiger Sicht bei den teils exorbitanten und auch prohibitiven Zollsätzen, die im Raum stehen, ein eher kleines Übel. Vergleicht man diesen Wert aber mit der Zeit vor Trumps Liberation Day, dann sind auch die 10 % bereits ein erheblicher Eingriff in den internationalen Handel. Die Folgen sind global schwächere Wachstumsaussichten und eine höhere US-Inflation.

Schweizer Wirtschaft mit einem guten Start ins Jahr 2025

Auch wenn es etwas Paradox erscheinen mag, hat die erratische US-Handelspolitik der Schweizer Wirtschaft – wie übrigens auch der deutschen Wirtschaft – einen guten Start ins Jahr beschert. Das Schweizer BIP legte im ersten Quartal 2025 – um Sportereignisse bereinigt – um 0.8 % (QoQ, nicht annualisiert) zu und damit leicht stärker als erwartet. Als Ursache wird auf mögliche Vorzieheffekte im Zusammenhang mit der US-Zollpolitik verwiesen. So sind gemäss SECO insbesondere die Exporte in die USA stark gestiegen.

Die Aussichten für die kommenden Quartale bleiben dennoch verhalten. Das KOF-Konjunkturbarometer ist gemäss den am Freitag veröffentlichten Daten aufgrund positiver Indikatoren zur Geschäftslage des verarbeitenden Gewerbes zwar etwas gestiegen, das absolute Niveau liegt aber nach wie vor unter dem langfristigen Durchschnitt. Der heute publizierte Einkaufsmanagerindex für die Industrie ist dagegen weiter gesunken und liegt nun sehr deutlich im kontraktiven Bereich. Nachdem das Wachstum im ersten Quartal durch die vom SECO genannten Vorzieheffekte nach oben verzerrt sein dürfte, ist für die kommenden Quartale mit einer gegenläufigen Entwicklung zu rechnen.

Entsprechend stehen die Chancen weiterhin gut, dass die Schweizerische Nationalbank ihre Leitzinsen am 19. Juni 2025 weiter senken wird. Bei der für morgen angekündigten Veröffentlichung der Schweizer Teuerungsrate für den Monat Mai wird mit einem leichten Rückgang von -0.1 % gerechnet.

Heutige Marktentwicklung (Stand ca. 11.00 Uhr, 02. Juni 2025, Basel Zeit)

Der Schweizer Aktienindex (SMI) ist mit einem Minus 0.2 % in die neue Handelswoche gestartet. Der deutsche DAX gibt gut 0.3 % nach. Für die US-Aktienmärkte signalisieren die Futures-Börsen ebenfalls eine negative Börseneröffnung.

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Dr. Stefan Kunzmann, Leiter Investment Research

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