Die Vereinten Nationen haben die aktuelle Dekade zum «Jahrzehnt der Wiederherstellung von Ökosystemen» ausgerufen. Dabei geht es um den Schutz der Artenvielfalt und der Vielfalt von Lebensräumen. Und damit auch um die Sicherung der Ökosystemleistungen und Resilienz (Widerstandskraft) der Natur – gerade auch in Erwartung von immer neuen klimatischen Herausforderungen. Noch besteht die Hoffnung, dass die Biodiversitäts- und die Klimakrise gemeistert werden können. Dies vermögen die Naturschutzorganisationen jedoch nicht allein zu bewältigen. In einer breiten Allianz mit Staaten und Wirtschaftsunternehmen arbeiten sie daher an dem Ziel, dass alle Marktteilnehmenden bis 2030 «natur- positiv» handeln und bis 2050 eine umfassende Wiederherstellung der natürlichen Grundlagen erreichen.
Nach wie vor werden Leistungen wie Bodenbildung oder Trinkwasser, die Zerstörung von Lebensräumen oder schädliche Emissionen nicht entsprechend den tatsächlich entstehenden Kosten in die Produktpreise eingerechnet und abgegolten. Stattdessen werden diese sogenannten externen Kosten durch die Allgemeinheit u. a. in Form von Subventionen und Reparatur- oder Gesundheitskosten getragen. So fehlt es in den meisten Fällen am wirtschaftlichen Druck, Produktionsprozesse oder gar ganze Produktwelten neu zu denken.
Kooperation mit der BKB: Aktion «Basel blüht auf»
BirdLife Schweiz hat im Juni 2023 mit der Basler Kantonalbank eine Kooperation für mehr natürliche Vielfalt in Basel und der Region gestartet: Basel blüht auf. Das Ziel ist es, mit konkreten Massnahmen Grünräume in Stadt und Region aufzuwerten oder neu zu schaffen. Dabei setzt die Bank auch bei den eigenen Immobilien an, wo Dach- und Vertikalbegrünung an geeigneten Standorten angestrebt und die Aussenräume von Filialen sukzessive überprüft und wo möglich aufgewertet werden. Daneben nutzt die Bank ihr Netzwerk mit Kunden und Partnern, um das Thema Biodiversität in die Breite zu bringen.
«Als lokal verankertes Institut verfolgt die Basler Kantonalbank das Ziel, in der Region eine nachhaltige und spürbare Wirkung zu erzielen», sagt Ennio Perna, Verantwortlicher Nachhaltigkeit der Basler Kantonalbank. «Hierfür bieten sich Massnahmen zur Verbesserung der Biodiversität an, da sie lokal umsetzbar, konkret und erlebbar sind.» Allerdings erfordere das Entwickeln wirksamer Initiativen ein hohes Mass an Expertise, das bei Banken derzeit kaum vorhanden sei. «Entsprechend bietet sich hierfür der Aufbau von branchenübergreifenden Partnerschaften an.»
Empfohlene externe Inhalte deaktiviert
An dieser Stelle finden Sie ergänzende externe Inhalte, Videos von YouTube oder Podcast-Episoden. Um diese Inhalte zu sehen, akzeptieren Sie bitte Funktions- und/oder Marketing-Cookies. Damit erklären Sie sich einverstanden, dass Daten an Drittplattformen übermittelt werden können.
Cookies akzeptierenEmpfohlene externe Inhalte deaktiviert
An dieser Stelle finden Sie ergänzende externe Inhalte, Videos von YouTube oder Podcast-Episoden. Um diese Inhalte zu sehen, akzeptieren Sie bitte Funktions- und/oder Marketing-Cookies. Damit erklären Sie sich einverstanden, dass Daten an Drittplattformen übermittelt werden können.
Cookies akzeptierenPotenzial noch ungenutzt
In vielen Branchen besteht ein grosses Potenzial, direkt und indirekt einen Beitrag zur Förderung und zum Erhalt der Biodiversität zu leisten (z. B. über gezielte Finanzierungen, konsequent überwachte Lieferketten etc.). Das Globale Rahmenabkommen für Biodiversität (Global Biodiversity Framework) adressiert deshalb ganz konkret auch die Privatwirtschaft und setzt für sie Ziele. Was dies in finanzieller Hinsicht bedeutet, hat das World Economic Forum (WEF) evaluiert. Raymund Chao von Pricewaterhouse Coopers und Akanksha Khatri vom WEF schreiben im Vorwort zu ihrem Bericht «Biodiversity Loss and what it means to Business» von 10 Billionen Dollar an jährlichen Geschäftsmöglichkeiten und 395 Millionen neuen Arbeitsplätzen bis ins Jahr 2030.
Die Beurteilung wirtschaftlichen Handelns stellt sich in Bezug auf die Wirkung für die Biodiversität deutlich komplexer dar, als dies beim Klimawandel der Fall ist. Die verfügbaren Bewertungsinstrumente sind weniger entwickelt als beispielsweise die weit verbreitete Metrik des CO2-Äquivalents. Eine Kompensation für den Ressourcenverbrauch lässt sich aktuell nicht berechnen. Dies auch, weil die Auswirkungen menschlicher Aktivität von Ort zu Ort unterschiedlich sind. Was an einem Ort verheerend ist, kann an einem anderen Ort minimale Auswirkungen haben.
In vielen Branchen besteht ein grosses Potenzial, einen Beitrag zur Förderung und zum Erhalt der Biodiversität zu leisten.
Hier setzt BirdLife International an. Mit seinem digitalen Werkzeug, der Datenbank IBAT (Integrated Biodiversity Assessment Tool), will der weltweit tätige und bis in die Gemeinden vernetzte Naturschutzverband Unternehmen auf der ganzen Welt befähigen, schon vor einer Investition in ein Geschäft die potenziellen Biodiversitätsrisiken einer Aktivität zu erkennen und diese entsprechend anzupassen oder fallen zu lassen.
Einen Schritt weiter geht das «Taskforce on Nature-related Financial Disclosures»-Framework (TNFD). Die TNFD ist eine vom Markt geleitete, wissenschaftlich fundierte und von den Regierungen unterstützte Initiative, die dazu beitragen soll, den Naturverlust zu stoppen. Sie wird im September 2023 ein Rahmenwerk veröffentlichen – ein digitales Risikomanagement- und Offenlegungswerkzeug für Marktteilnehmende auf der ganzen Welt, das die Beurteilung und Berichterstattung über naturbedingte Abhängigkeiten, Auswirkungen, Risiken und Chancen ermöglichen soll. «Es ist dringend erforderlich, sowohl Naturverlust als auch Klimawandel auf integrierte Weise anzugehen», schreibt die TNFD dazu.
Trotz hoher Komplexität können wir starten
Heisst das nun, dass wir als Gesellschaft auf geeignete Messmethoden und eine anerkannte Metrik für den Verbrauch natürlicher Ressourcen warten müssen, ehe wir die hinlänglich bekannten Zusammenhänge anerkennen? Auf keinen Fall! Denn angesichts des sich schliessenden Zeitfensters für eine wirksame Trendwende ist die Dringlichkeit hoch. Ernst gemeinte Initiativen aller Marktteilnehmenden und Kooperationen von Naturschutz und Wirtschaft sind wichtige Schritte auf dem vorgegebenen Weg.
Gemeinsam können so konkrete Flächen für die Biodiversität gesichert, Trittsteine in einem Netz von Massnahmen geschaffen und die Aufwertung von Lebensräumen erreicht werden. Aufgewertete, ökologisch aufgewertete Fläche in Quadratmetern ist die derzeit sicherste Masseinheit für die Wirkung eines Engagements. Darüber hinaus werden durch Aktivitäten der Wirtschaft neue Zielgruppen erreicht, um das Thema der Biodiversitätskrise in der breiten Bevölkerung zu verankern und ein Umdenken anzustossen.
Für Wirtschaftsunternehmen gibt es diverse Gründe, sich Gedanken über den eigenen Einfluss und die Abhängigkeit von der Biodiversität zu machen. Es nicht zu tun, kann ein Finanz- oder Reputationsrisiko darstellen. Zudem liegen in der steigenden Nachfrage nach biodiversitätsfreundlichen Produkten und Dienstleistungen Chancen für die Zukunft. Auch kann eine Branche durch freiwillige Lösungen einer staatlichen Reglementierung zuvorkommen.
Naturschutzorganisationen können durch ihre langjährige Erfahrung und fundierten Kenntnisse die Bestrebungen zur Nachhaltigkeit von Kooperationspartnern begleiten. Wer kritisch hinterfragt, aber nicht bei jedem Engagement gleich mit dem Killerargument des Greenwashings aufwartet, kann den notwendigen Dialog anstossen. Für BirdLife ist klar: Beide Partner sollten vertrauensvoll kleine Schritte gehen dürfen und so die Potenziale herausfinden, über welche die gewünschte Wirkung für die Biodiversität erzielt werden kann.
Weiterführende Links:
- Taskforce on Nature-related Financial Disclosures
- Biodiversity and Ecosystems Services Index
- EBBC – vertraulicher Biodiversitätscheck für Unternehmen des Global Nature Fund (GNF)
- Unternehmen biologische Vielfalt
- IBAT – Integrated Biodiversity Assessment Tool
- Biodiversity Risk Filter