Nach den gestrigen 2-stelligen Verlusten am US Aktienmarkt, verlieren US-Aktien seit Jahresanfang etwa 30%, Europäische Aktien etwa 37%, Schweizer Aktien etwa 23% und Chinesische Aktien etwa 10% (alle Zahlen per 17.3.2020 ca. 12:45, Verluste in CHF bewertet. Der heutige, wesentlich ruhigere Tag, gibt uns Gelegenheit über den Stand der Dinge etwas strategischer nachzudenken. Es ist in den letzten Wochen klar geworden, dass eine globale Rezession zu erwarten ist. Spekuliert wird derzeit noch über Dauer und Tiefe der Entwicklung. Die Unsicherheit ist hoch, selbst die US-Notenbank Fed hat die Veröffentlichung ihrer Wachstumsprognosen verschoben, weil alle bisherigen Analysen jetzt Makulatur sind. Der US-Finanzminister Mnuchin ging bisher nicht von einer Rezession aus. Allein Donald Trump weiss schon alles und sagt dass es schlimm wird und eine Rezession im Verzug ist.
Zentralbanken haben nicht alleinige Verantwortung
Welche staatlichen Massnahmen stehen in Aussicht um die wirtschaftlichen Auswirkungen der aktuellen Krise zu dämpfen? Die Finanzminister der Welt haben es schon angekündigt. Es muss Geld vom Staat fliessen, um die Gefahr einer Konkurswelle zu dämpfen. Zentralbanken können bloss das funktionieren des Finanzsystems unterstützen. Eine Häufung von Konkursen oder auch nur Anzeichen dafür, dass dies bevorsteht, wäre eine weitere Hiobsbotschaft für die Finanzmärkte. Es droht dann ein Ausverkauf an den Märkten für Unternehmensanleihen und ein Vertrauensverlust in die Banken.
Dies muss offensichtlich unbedingt vermieden werden.
Es reicht also nicht, die "Bazooka" bloss zu zeigen, wie es der deutsche Finanzminister Olaf Scholz formulierte, sondern echtes Geld muss jetzt auch wirklich fliessen. Dies gilt auch in den USA wo derzeit noch Unklarheit über das weitere Vorgehen herrscht. Es muss uns allen bewusst sein, die Stützung der Wirtschaft wird teuer. Wenn die US-Regierung über die nächsten 3 Monate einen Verlust der Wirtschaftsleistung von 20% der Aktivität kompensieren will, dann "kostet" dies 0.2*0.25=0.05=5% des US-BIP welches etwa 20 Billionen = 20'000 Milliarden USD gross ist. Es müssen also in diesem Szenario etwa 1 Billion = 1'000 Milliarden USD aus dem US-Schatzamt in die US-Wirtschaft fliessen.
Die US-Massnahmen von 2008
Zur Erinnerung, am 3. Oktober 2008, stellte George W. Bush, mit dem Rücken an der Wand und dem Abgrund vor Augen, 700 Milliarden USD im Rahmen des "Troubled Assets Relief Program (TARP)" zur Verfügung um US-Banken und Versicherungen ihre wahnwitzigen, aufgeblähten Bilanzen kleinzukaufen. Das waren keine Garantien, oder zur Schau gestellte Bazookas. Nein, da floss richtiges hartes Steuergeld direkt aus der US-Staatskasse zu den Banken. Die Banken und einige Versicherungen hatten damals die Krise aus einer Mischung aus Gier, unsäglicher Dummheit und bodenloser Unverantwortlichkeit sogar selbst verschuldet.
Aus dem TARP Programm flossen dann auch tatsächlich 2008/2009 etwa 450 Milliarden USD in die Finanzindustrie. Der US-Fiskus konnte die 2008 und 2009 erworbenen "Schrottpapiere" zwei Jahre später ohne Verlust für einen sehr ähnlichen Preis wieder verkaufen. Die Gesamtkosten der Finanzkrise 2008/2009 waren insgesamt immens. Die Erläuterung dieser Zahlen ist auch nicht das heutige Thema.
USA: Aktuelle Diskussionen
In den USA wird im Kongress aktuell diskutiert, wie jetzt auch den privaten Haushalten geholfen werden kann. Im Gegensatz zu den US-Banken hatten diese ja für den Verlust ihrer Häuser in der Finanzkrise keine staatlichen Hilfen erhalten, was viel zum heutigen Zustand der politischen Kultur in den USA beigetragen hat.
Es wird erwogen, ob in den USA jeder Erwachsene ein "Cash Handout" von 1000 USD erhalten soll. Das wäre dann eine Massnahme die für ca. 210 Millionen erwachsenen Einwohner der USA rund 210 Milliarden USD kosten würde. Ausserdem könnte sich Donald Trump seine Wiederwahl faktisch kaufen, denn was gibt es populäreres als in den USA Cash zu verteilen. Das Weisse Haus scheint die Massnahme bisher auch zu begrüssen. Aussergewöhnliche Zeiten erfordern ausserordentliche Massnahmen. Die USA haben das immer besser gekonnt als die Europäer.
Verändert die Krise die EU?
Die grosse Abwesende in dieser Krise ist die Europäische Union, keine glaubwürdige Koordination von Massnahmen um die Epidemie zu dämpfen, keine Absicht fiskalisch solidarisch zu intervenieren. Die Europäischen Staaten tun gut daran sich selbst zu helfen und Maastricht Kriterien und Budgetdisziplin jetzt über Bord zu werfen. In der EU scheint in dieser Krise bisher jeder Staat sich selbst am nächsten zu sein. Es braucht nicht viel Fantasie, um zu erwarten, dass diese Krise die EU verändern wird, ob zum Guten ist heute sehr fraglich.
Angst ist kein guter Ratgeber
Alle unserer wichtigen Funktionen in der Vermögensverwaltung sind (mindestens) doppelt besetzt; die Kollegen arbeiten an verschiedenen Bürostandorten oder von zu Hause aus. In den Büros gelten besondere Hygienevorschriften. Geschäftsreisen wurden streng reglementiert, Präsenztermine sind durch Video- und Telefonkonferenzen ersetzt. All das sichert einen reibungslosen Arbeitsablauf – und begrenzt mögliche Infektionsrisiken für die Kolleginnen und Kollegen sowie deren Familien.
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Dr. Sandro Merino
Chief Investment Officer und Leiter BKB Asset Management
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