Deutschland: Umfangreiches Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur

Heutige Marktentwicklung

Mit der Lockerung der Schuldenbremse und einem 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen investiert die Bundesregierung massiv in Verteidigung und Infrastruktur. Experten erwarten daraus erhebliche Wachstumsimpulse – doch auch Risiken wie steigende Schulden und ein angespannter Arbeitsmarkt bleiben bestehen. Wie beeinflusst diese Neuausrichtung die Zukunft Deutschlands und Europas? Mehr dazu von Sandro Merino, Chief Investment Officer der Basler Kantonalbank.
Am 24.03.2025 in CIO-Kommentar von Dr. Sandro Merino, Leiter Asset Management
Nach dem Bundestag hat am 21. März auch der Bundesrat dem Gesetzesentwurf zur Änderung des Grundgesetzes mit der notwendigen zwei Drittel Mehrheit zugestimmt. Die Lockerung der Schuldenbremse - spezifisch für Verteidigungsausgaben - sowie die Schaffung eines Sondervermögens für Investitionen in die Infrastruktur sind nun im Deutschen Grundgesetz verankert. Die angespannten Finanzen der Kommunen und Bundesländer sind ebenfalls Ziel des Gesetzes. Galt für die Bundesländer bisher eine Schuldengrenze von Null, dürfen sie künftig zusammen Schulden in jährlicher Höhe von 0,35 % des Bruttoinlandsprodukts aufnehmen. Das sind Mehrausgaben von aktuell rund 15 Milliarden Euro pro Jahr.

Veränderte strategische Sicherheitslage in Europa als Begründung

Die Begründung der Grundgesetzänderung beruht auf dem bereits seit drei Jahren andauernden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und die damit veränderte Sicherheitslage in Europa. Der Amtsantritt der Donald Trumps lässt ausserdem nicht erwarten, dass sich die existierenden Spannungen in der internationalen Politik verringern.
Eine ausgebaute, funktionsfähige und moderne Infrastruktur sei zudem ein maßgeblicher Standortfaktor, der die Wettbewerbsfähigkeit und das Wirtschaftswachstum wesentlich beeinflusse. Um dieses riesige Investitionspaket erfolgreich zu finanzieren ist Deutschland auf Wachstumsimpulsen aus den Staatsausgaben angewiesen.

Aufgrund der demographischen Entwicklung Deutschlands wird die Rekrutierung von genügend vielen Arbeitskräften für die Umsetzung der Investitionsvorhaben eine grosse Herausforderung sein. Inwiefern aufgrund eines knapperen Arbeitskräfte Angebots erneuter inflationärer Druck entstehen könnte, ist derzeit ebenfalls noch kaum genau einzuschätzen.

Anstieg der deutschen Staatsverschuldung erwartet

Die Staatsverschuldung Deutschlands ist mit gut 60% des BIP gegenwärtig moderat. Wir erwarten, dass bis 2030 die Verschuldung kontinuierlich bis auf gut 70% ansteigen wird. Das jährliche Budgetdefizit im deutschen Staatshaushalt wird ab 2026 je nach Höhe der Verteidigungsausgaben bei 3% bis 5% des BIP betragen. Dabei könnte eine Steigerung des Wirtschaftswachstums die Auswirkungen auf die Staatsverschulung in Relation zum BIP signifikant mildern.

Lockerung der deutschen Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben

Künftig werden Ausgaben für Verteidigung ab einer Höhe von 1% des BIP nicht mehr auf die Schuldenregel des Grundgesetzes angerechnet. Dies gilt auch für Militärhilfen für angegriffene Staaten wie die Ukraine. Bisher galten diese Ausnahmen nur für Naturkatastrophen und außergewöhnliche Notsituationen. Für die Verteidigung müssen also Ausgaben bis zu einer Höhe von einem Prozent des nominellen Bruttoinlandprodukts durch den Haushalt finanziert werden. Sind höhere Ausgaben erforderlich, könnten diese nach der Grundgesetzänderung über die Aufnahme neuer Schulden gedeckt werden. In Anbetracht dessen, dass die Mittel aus dem Sondervermögen "Bundeswehr" das im Juni 2022 geschaffen wurde, bereits zu über 80% ausgegeben sind, kann man nachvollziehen, dass bis 2030 zusätzliche kreditfinanzierte Verteidigungsausgaben von mehreren 100 Milliarden Euro notwendig werden.

 

Hohe Investitionen in die deutsche Infrastruktur

Die Grundgesetzänderung sieht auch die Errichtung eines Sondervermögens in Höhe von 500 Milliarden Euro für die Dauer von 12 Jahren vor. Diese Mittel sind unabhängig von der Schuldenbremse zur Verfügung gestellt und sie sind für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und zur Erreichung der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 zweckgebunden.

Die Bundesländer können aus dem Sondervermögen 100 Milliarden Euro in ihre Infrastruktur investieren. Ebenfalls 100 Milliarden Euro fließen in den Klima- und Transformationsfonds.

Wachstumsimpulse für Deutschland und Europa erwartet

Viele Ökonomen von nationalen Wirtschafts- und Finanzinstituten erwarten Wachstumsimpulse aus dem deutschen Finanzpaket. Entsprechend werden Wachstumsprognosen für Deutschland und die EU27 ab 2026 erhöht. Prognosen erwarten eine Auswirkung von 0.5% bis 1% zusätzlichem Wachstum für das BIP Deutschlands.

Die Unwägbarkeiten aus einem Zollstreit mit den USA trüben die Perspektiven etwas.

Es ist aber davon auszugehen, dass zusätzliche staatliche Investitionsausgaben in den genannten Grössenordnungen einen bedeutenderen Effekt haben werden, als eine Schwächung des Handels mit den USA aufgrund neuer Zölle. Gegenwärtig hat der Handelsbilanzüberschuss der EU27 gegenüber den USA mit rund 200 Mrd. (kumuliert über 12 Monate von Feb 24 bis Jan 25) ein neues rekordhoch erreicht. Ob Trumps neue Zölle den Handelsbilanzüberschuss der EU merklich reduzieren können, ist mehr als fraglich. Die Unsicherheit durch Trumps ständig neue Ankündigungen und Kehrtwenden scheint aber inzwischen die US-Wirtschaft negativ zu beeinflussen. Die Perspektiven sind aufgrund der erratischen Wirtschaftspolitik Donald Trumps deutlich unsicherer geworden. Selbst eine deutliche Abkühlung ("Trumpcession") der bisher florierenden US-Wirtschaft ist neu häufiger Gegenstand von Marktkommentaren.

Zinsentscheide der SNB und der US-Notenbank Fed

Wie erwartet, hat die SNB am 20. März den Leitzins von 0.50% auf 0.25% reduziert. Weitere Zinsschritte der SNB werden an den CHF-Zinsmärkten gegenwärtig nicht erwartet. Die weitere Entwicklung der Inflation wird aber massgeblich sein für die künftigen Zinsentscheide der SNB.

Hingegen hat die US-Notenbank am 19. März die Zinsen unverändert gelassen. Die hartnäckige Inflation lässt die Fed wohl zögern. Derzeit erwarten die Märkte im Laufe des Jahres weiterhin mehrere USD-Zinssenkungen.

Heutige Marktentwicklung (Stand ca. 11.45 Uhr, 24. März 2025, Basel Zeit)

Die Börsen in Europa sind heute gemischt in die neue Woche gestartet. Neue konjunkturelle Aktivitätsindikatoren aus der Eurozone belegen eine Verbesserung bei der Industrieproduktion. Der deutsche Aktienindex (DAX) legt gegenwärtig knapp 0.5 % zu.

Der Schweizer Aktienindex (SMI) ist durch Kursverluste der Schwergewichte (Nestle, Roche, Novartis) belastet. Der SMI verliert aktuell rund 0.5%. Für die US-Aktienmärkte signalisieren die Futures-Börsen dagegen eine deutlich positive Handelseröffnung.

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