Auf einen Blick
Frauen sind oft Vorreiterinnen, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Warum denken Sie, dass Frauen diesen entscheidenden Beitrag leisten?
Frauen setzen sich aktiv dafür ein, Material nicht wegzuwerfen, wie ich in meiner täglichen Arbeit im OFFCUT beobachte. Hier spenden sie Material oder schauen erst bei uns vorbei, bevor sie Neues kaufen. Ich bin überzeugt: Viele Familien und Teams haben solche Frauen, die ihre Umgebung für Nachhaltigkeit sensibilisieren und so Veränderungen vorantreiben.
Warum braucht es mehr Frauen, die etwas bewegen?
Es braucht mehr Menschen, unabhängig vom Geschlecht, die Veränderungen mit hoher Sozialkompetenz und Verständnis für Diversität vorantreiben. Frauen spielen dabei eine entscheidende Rolle.
Wie können alle zur Gleichstellung beitragen?
Für mich sind Diversität und Inklusion eine Grundvoraussetzung für Menschlichkeit. Eine gleichberechtigte Gesellschaft erfordert, dass alle Menschen die gleichen Chancen erhalten. Gleichstellung sollte daher nicht nur akzeptiert, sondern aktiv gelebt werden. Alle können einen Beitrag leisten, indem sie bewusst für Gleichberechtigung eintreten.
Haben Sie Ungleichheiten in Ihrem Werdegang erfahren?
Die Kunstszene, obwohl sie sich als offen und liberal präsentiert, kämpft immer noch mit tief verwurzelten Ungleichheiten. Vor allem in Institutionen sind patriarchale Strukturen weltweit präsent. Das Künstlerinnenkollektiv «Guerilla Girls» deckt seit den 80er Jahren Benachteiligungen von Frauen in der Kunstwelt auf – dennoch gibt es noch viel zu tun. Persönlich erlebe ich oft Altersdiskriminierung, etwa durch Alterslimits in Ausschreibungen oder Förderpreisen.
Welche Veränderungen würden Ihrer Meinung nach die Gleichstellung von Frauen in Ihrer Branche vorantreiben?
Ich wünsche mir in vielerlei Hinsicht ein Umdenken, um Frauen und allen benachteiligten Gemeinschaften die Möglichkeit zu geben, die Welt neu zu formen. Andernfalls wird sie weiterhin vorwiegend von privilegierten männlichen Perspektiven geprägt bleiben.
Bilder: WEISSWERT & StadtKonzeptBasel
Hätten Sie einen Wunsch an die Gesellschaft rund um das Thema Gleichberechtigung, welcher wäre dies?
Ich glaube fest daran, dass eine friedliche Welt der Kooperation, des Dialogs, des Wohlwollens und der Verbundenheit möglich ist. Für ein solches Zusammenleben ist es unverzichtbar, dass wir lernen Verantwortung für uns, unsere Umwelt und Mitmenschen zu übernehmen und als Weltgemeinschaft zusammenwachsen. Stichwort: Caring Communities.
Wie stellen Sie sich die Zukunft für Frauen in Ihrer Branche vor?
Glorreich: The future is female! (Anm. d. Red.: Dt.: «Die Zukunft gehört den Frauen!»)
Erzählen Sie uns von Ihrem künstlerischen Weg.
Das Sammeln von Material, damit zu spielen, zu experimentieren, es zu entfremden, ihm eine neue Identität und ein neues Leben zu verleihen ist ein wichtiger Aspekt meines künstlerischen Prozesses. So entstehen die Ideen für meine Projekte. Mich interessiert dabei die Wechselwirkung zwischen Verwendung und Sinnlichkeit von Werkstoffen. Für meine Kunst kaufe ich selten neue Ware, sondern arbeite vorwiegend mit Gebraucht-, und Restmaterialien. Als Künstlerin ist es für mich meine Pflicht, unsere Zeit und die Geschehnisse in der Welt zu reflektieren. Mich interessieren kreative Antworten auf die ökologischen Herausforderungen unserer Zeit. Ich bin überzeugt, dass wir Kunstschaffende gemeinsam als zukunftsweisende Vorbilder handlungsorientierte Impulse für einen gesellschaftlichen Wandlungsprozess geben können.
Wie kam es zur Verbindung mit OFFCUT?
Mein Engagement für den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen ist Bestandteil meiner künstlerischen Praxis. Die Entdeckung von OFFCUT kurz nach der Gründung war ein Glücksfall. Hier fand ich nicht nur spannendes Material, sondern auch die Möglichkeit, meine eigenen Produktionsüberschüsse zurück in den Kreislauf zu geben. Nachhaltigkeit als Begriff ist inzwischen salonfähig geworden, aber die Menschen wissen oft nicht, was das konkret bedeutet. Dafür bieten wir im OFFCUT Ideen, ein vielfältiges Angebot und unterschiedliche Aktivitäten an.
Welchen Beitrag leistet OFFCUT in dieser Hinsicht?
Durch unsere tägliche Arbeit bei OFFCUT sensibilisieren wir auf vielen Ebenen für Ressourcenknappheit und Wiederverwendung. Wir möchten Nachhaltigkeit populär machen und Strategien zur Umweltschonung weiterentwickeln.
Welche Rolle spielt Geld in Ihrem Leben?
Geld ist für mich ein bewusst eingesetztes Mittel zum Zweck. Meine Werte basieren auf Fairness, Sicherheit und persönlichen Entwicklungschancen. Als bildende Künstlerin aus einer Arbeiterfamilie bin ich finanzielle Unsicherheiten gewohnt. Dennoch liess ich mich nie vom Weg abbringen. Ich habe früh gelernt im Alltag mit einem Budget zu rechnen. Ausserdem mache ich ganz viel selbst, tausche, schenke und erhalte viele Sachen für mein Leben.
Wie gehen Sie privat und beruflich mit Geld um?
Gesundheit, Zeit und meine liebsten Menschen sind mir das Wichtigste. Auf materielle Güter kann ich gut verzichten. Ich stecke gerne meine Energie und meine Fähigkeiten, mit viel Feinsinn, mit Herzlichkeit und mit Gastfreundschaft in meine Projekte. Aber es braucht eine Balance und ich bin der Meinung, dass jede Arbeit fair bezahlt werden soll.
Wie könnten Frauen in ihrer finanziellen Unabhängigkeit gestärkt werden?
Unbürokratische Kleinkredite zu guten Konditionen wären eine wertvolle Starthilfe. Und es braucht Menschen, die an das Potential unkonventioneller Ideen glauben und den Fähigkeiten der Frauen vertrauen.
Kann Geld als Instrument für positive Veränderungen genutzt werden? Wenn ja, wie?
Geld ist ein machtvolles Instrument und kann positive Veränderungen ermöglichen, wenn es dafür eingesetzt wird. Prinzipiell vertrete ich das Motto: «Wer teilt, hat mehr.» Es gibt erfreuliche Beispiele von Menschen, die ihren Reichtum in Stiftungen anlegen, direkt gemeinnützige Projekte unterstützen oder Geld spenden. Anteilnahme erleben und geben zu können, ist Voraussetzung für eine zukunftsfähige Gesellschaft.
Bild: StadtKonzeptBasel
Was macht Basel für Sie zu einer lebenswerten Stadt?
Die Stadt Basel betreibt eine Umwelt- und Klimapolitik mit Vorbildcharakter und ist gleichzeitig eine Kulturstadt. Als solche ist es in ihrem Sinne, dass Kulturschaffende wertvolle Beiträge für die Gesellschaft leisten können. Das ist aber nur möglich, wenn Kunstschaffende fair honorierte und bezahlte Projekte umsetzen können. Eine staatliche Betriebsförderung für Initiativen wie OFFCUT, die einen aktiven Beitrag zum Erreichen der Ziele der «Klimagerechtigkeitsinitiative» leisten, würde die «Front» der Kreislaufwirtschaft zusätzlich stärken.
Wie tragen Projekte wie OFFCUT aktiv dazu bei, Basel nachhaltiger und lebenswerter zu gestalten?
Indem OFFCUT weiterverfolgt, was es seit mehr als zehn Jahren tut. Es sind die kleinen, beständigen Schritte, die Grosses bewirken. Wir freuen uns und sind stolz, dieses grossartige Nachhaltigkeitsprojekt als Drehscheibe für kreative Wiederverwertung von Rohstoffen in eine Zukunft zu steuern, in der die Idee der Wiederverwendung immer mehr Anklang findet und zur Normalität wird.
Wie können wir als Einzelpersonen aktiv für einen gesellschaftlichen Wandlungsprozess und damit zur positiven Entwicklung von Basel beitragen?
Nicht nur träumen und reden, sondern handeln. Gesund und klimafreundlich leben kann Spass machen und ist einfach. Jede und jeder kann heute damit anfangen.
Olivia Zurbuchen, Geschäftskundenberaterin Basler Kantonalbank
Über OFFCUT & Simone Steinegger
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