I scream – Ein Jahr Klimanotstand in Basel

I Scream
Ein globaler Aufschrei erhitzt die Gemüter bis heute. Der Klimawandel schmeckt vor allem den Jugendlichen nicht. Sie handeln und fordern die Politik vehement zu Massnahmen auf. In Basel mit Erfolg: Basel-Stadt rief vor rund einem Jahr als erster Kanton den Klimanotstand aus. Eine Zwischenbilanz.
Am 04.03.2020 in Von Basel. Für Basel.

Wochenlang strömten Hunderte von Basler Jugendlichen in die Stadt und demonstrierten. Gegen den Klimawandel und für eine bessere und nachhaltigere Umweltpolitik. Kurz darauf rief Basel-Stadt als erster Schweizer Kanton den Klimanotstand aus. Viele folgten daraufhin dem Basler Beispiel. Das ist nun ein Jahr her. Was hat sich seither verändert in Basel-Stadt?

Basler Klimakommission ins Leben gerufen

 «Wir sind in Basel einen kleinen Schritt weiter», sagt Aeneas Wanner, Geschäftsleiter Energie Zukunft Schweiz und bis vor Kurzem GLP-Grossrat. Er war es auch, der die Resolution der Jugendlichen einreichte, die das Parlament veranlasste, den Klimanotstand auszurufen. Mit konkreten Schritten auf politischer Ebene: Im November vergangenen Jahres wurde die parlamentarische Klimakommission ins Leben gerufen, in der alle Parteien des Grossen Rates vertreten sind.

Das Ziel der Basler Spezialkommission: Gesetze auf deren Klimaverträglichkeit zu prüfen – bislang einmalig in der Schweiz. Symbolträchtig in Zeiten der Klimajugend ist auch die Wahl von Jo Vergeat vom Jungen Grünen Bündnis zur Präsidentin der Spezialkommission. Mit ihren 25 Jahren ist sie eine der jüngsten Basler Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Zudem wurden mehrere politische Vorstösse für eine Verschärfung des Energiegesetzes an die Basler Regierung überwiesen. So soll zum Beispiel die langfristige Zielsetzung bis 2050 von 1 Tonne CO2 pro Einwohner auf «netto null» gesenkt werden.

Wir sind in Basel einen kleinen Schritt weiter.
Für Wanner ist diese Entwicklung ein «klarer Paradigmenwechsel», dies zeigt sich auch an den Reaktionen der Baslerinnen und Basler im Alltag: «Wir bekommen mehr Anfragen zu energieeffzientem Bauen und Sanieren», sagt Wanner. Er führe das klar auf die aktuelle Klimadebatte zurück. Dies sei ein positives Zeichen. Denn bei der Optimierung von Gebäuden gibt es noch viel zu tun. «In Basel-Stadt müssen rund 14 000 fossile Heizungen durch erneuerbare und emissionsarme Heizsysteme ersetzt werden», erklärt der Umweltexperte. Zwar stehe Basel-Stadt mit dem Energiegesetz im Schweizer Vergleich gut da. «Aber es gibt einige Bereiche mit substanziellem Verbesserungspotenzial insbesondere im Verkehr, sowohl bei Fahrzeugen als auch beim Flugverkehr», sagt Wanner. «Deren Emissionen sinken noch nicht und machen viele andere Anstrengungen wieder zunichte.»

Basler Klimajugend trägt Secondhand

Trotzdem: In Basel bewegt sich klimatechnisch etwas. Darüber freut sich auch Pauline Lutz. Die 17-jährige Basler Gymnasiastin und Umweltschützerin ist an vorderster Front bei den Klimademonstrationen dabei. Was hat sich seither für sie verändert? «Klimaschutz ist definitiv das grosse Thema in meinem Freundeskreis», sagt Pauline Lutz. Das persönliche Verhalten und der ökologische Fussabdruck werden nun noch kritischer hinterfragt. «Statt sich ‹schnell› ein neues T-Shirt zu holen, kaufen die meisten meiner Freunde zum Beispiel nur noch Secondhand.»

Tatsächlich geht in der Debatte oft unter, dass neben Flugreisen und importierten Konsumgütern gerade die Textilindustrie in Zeiten von «Fast Fashion» mit ihren Fabriken in Asien viele Emissionen verursacht. Der CO2-Ausstoss der Modefabriken verursacht sogar mehr Treibhausgase als Flug- und Schiffsreisen zusammen. Diese zu reduzieren, können die Verbraucherinnen und Verbraucher mit einem bewussteren Konsum einleiten, sagt Rosmarie Wydler-Wälti, Co-Präsidentin des Vereins Klimaseniorinnen Schweiz, aus Basel. Sprich: Mehr Fair-Trade- und Ökostandard-Mode, weniger Shopping und Kleider dafür länger tragen.

Rocheturm

In der Schweiz steigen die Temperaturen doppelt so stark wie im weltweiten Durchschnitt

Vor allem aber muss auch auf Bundesebene mehr passieren, so die Basler Umweltaktivistin, die zusammen mit ihren Mitstreiterinnen den Bundesrat für seine Versäumnisse im Klimaschutz verklagt hat. Die Klimaseniorinnen fordern stärkere Massnahmen gegen die Klimaerwärmung. Heisse Sommer seien gemäss Studien vor allem für ältere Menschen, und besonders für ältere Frauen, gefährlich, so das Argument der Klimaseniorinnen.

Gerade die Schweiz ist gemäss dem Bundesamt für Umwelt vom Klimawandel besonders betroffen. Die Temperaturen hierzulande steigen doppelt so stark wie im weltweiten Durchschnitt. Ein Grund, wieso auch die Klimaseniorinnen mit den Basler Schülerinnen und Schülern mitmarschiert sind. Dabei ging es auch um Solidarität mit der Jugend und darum, ein Zeichen zu setzen: «Unsere Generation hat leider die heutige Konsumgesellschaft eingeleitet, mit fatalen Folgen für die Umwelt», sagt Rosmarie Wydler-Wälti. «Das müssen wir jetzt korrigieren.»

«Basel-Stadt hat das klimafreundlichste Energiegesetz der Schweiz»

Aeneas Wanner, seit 2006 Geschäftsleiter von Energie Zukunft Schweiz. Das Unternehmen unterstützt Energieversorger, Immobilienfirmen und Hausbesitzer bei der Umstellung auf erneuerbare Energien. Zehn Jahre lang sass der Umweltexperte im Grossen Rat.

 

«Wir wurden plötzlich gehört, das war ein tolles Gefühl!»

Pauline Lutz. Im Sommer macht sie ihre Matur und überlegt sich, ob sie nachhaltige Entwicklung oder internationale Beziehungen studieren möchte. «Jugendliche haben meist eine sehr pointierte Meinung zur Klimadebatte, leider wird über unsere Köpfe hinweg entschieden, was eine gewisse Resignation auslöst», sagt sie noch.

 

«Ich kaufe konsequent biologische und lokale Produkte.»

Rosmarie Wydler-Wälti, Co-Präsidentin der Klimaseniorinnen Schweiz. Sie lebte schon früher als Familienfrau mit vier Kindern nachhaltig. Mit ihrem Mann wohnt sie in Basel, seit jeher autofrei. In ihren Ferien reist die 69-Jährige seit über zehn Jahren nur in Europa, meist mit Zug und Fähre und ohne Flugzeug.

Gut zu wissen

Klimanotstand – eine internationale Bewegung

Im November 2019 rief auch das EU-Parlament in Strassburg den Klimanotstand für Europa aus. Die EU-Resolution fordert die Mitgliedstaaten und globalen Akteure auf, konkrete Massnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen. Neben Basel haben auch Weltstädte wie Los Angeles, Vancouver oder London ähnliche Resolutionen verabschiedet. Auch einige nationale Parlamente haben den Klimanotstand ausgerufen wie in Grossbritannien, Irland, Spanien und Frankreich.

Was heisst «netto null»?

Der Weltklimarat zeigt in seinem Bericht von 2018 auf, dass die Emissionen auf null reduziert werden müssen, um die globalen Temperaturen zu stabilisieren. Dieses Ziel wurde von der Schweiz, der EU und vielen anderen Staaten im Rahmen des Pariser Abkommens ratifziert.

Texte und Interview: Irena Ristic

Wer wagt, gewinnt!

Inspiriert durch Greta Thunberg kämpft die Basler Schülerin Pauline Lutz für eine nachhaltige Zukunft und war von Beginn weg bei der Klimastreikbewegung mit dabei.

Hat es Mut gebraucht, auf die Strasse zu gehen?

Ein bisschen. Aber es war auch aufregend. Das Gefühl, etwas verändern zu können, ist euphorisierend. Wenn man 16 oder 17 ist, nehmen einen die Leute ja nicht so ernst. Mich hat es immer gestört, dass meine Stimme nicht zählt. Bei den Klimademos merkte ich: Ich kann da etwas bewegen. Auch wenn es «nur ein Haufen» Teenager waren, die rumschreien. Wir wurden plötzlich gehört.

Was hat Sie letztendlich motiviert zu diesem Schritt?

Ich engagiere mich seit vielen Jahren beim WWF und habe dadurch viel mitbekommen, was falsch läuft. Zudem war der Klimawandel ein grosses Thema in der Schule. Ich empfinde die derzeitige Entwicklung als echte Bedrohung für die Erde und konnte mich dem gar nicht entziehen, musste etwas tun.

Was läuft gut in Basel beim Umweltschutz, was eher nicht?

Toll ist in Basel, dass zum Beispiel das Fernwärmenetz ausgebaut wird und dass das Stadtzentrum fast autofrei ist. Mich stört es aber, dass man sich überlegt, die Linie zum Euroairport auszubauen, was das Fliegen noch mehr unterstützt. Auch sollten Banken noch stärker in grüne Energie und nachhaltige Projekte investieren.

Was machen Sie persönlich im Alltag für den Umweltschutz, Ihr WWF-Engagement mal ausgenommen?

Ich fliege nicht mehr. Meine Familie hat kein Auto und wir kaufen regional ein. Ich kaufe nur Secondhand und esse seit meinem 13. Lebensjahr kein Fleisch mehr.

Sie ziehen also alle an einem Strang?

Als ich «Vegi» wurde und ich gesagt habe, dass ich nicht mehr fliege, war das schon eine Umstellung für meine Familie. Aber sie haben das gut angenommen und unterstützen mich. Es ist ja schon so: Erst wenn die ältere und die junge Generation zusammenspannen, werden wir die Macht haben, den Wandel einzuleiten.

Text: Irena Ristic

Die BKB wurde für ihr Engagement im Umweltschutz und als sozialer Arbeitgeber mehrfach ausgezeichnet:

  • 100% erneuerbare Energien: Sowohl der Strom als auch die Wärmeenergie stammen vollständig aus erneuerbaren Quellen.
  • -30% CO2-Emissionen: Seit 2011 CO2-Emissionen im Betrieb um rund 30 Prozent reduziert.
  • CO2-neutral im Betrieb: Seit 2018 von Swiss Climate mit «Certified CO2 neutral» als klimaneutral zertifiziert.
  • <5% Lohnunterschied: Das Logib-Zertifikat bescheinigt die Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen.

Chum jetzt!

Es ist nie zu spät. Auch Sie können einen nachhaltigen Beitrag leisten. Überdenken Sie ihr Konsumverhalten, überwinden Sie Bequemlichkeiten und brechen Sie aus der Routine aus.

Konsum

  • Lokal einkaufen
  • Zeit statt Zeug schenken
  • Sachen reparieren
  • Saisonkalender anschaffen
  • Flohmärkte nutzen
  • Fair-Trade-Produkte besorgen
  • Weniger Fleisch essen
  • Langlebige Produkte kaufen
  • Palmöl vermeiden
  • Reste verwerten

Abfall

  • Bring your own bag
  • Unverpackt einkaufen
  • Kompostieren
  • Werbepost abbestellen
  • Foodwaste vermeiden
  • Mindesthaltbarkeitsdatum infrage stellen
  • Wiederverwendbares Geschirr nutzen
  • Auf Kaffeekapseln verzichten

Fortbewegung

  • Zug fahren
  • Weniger fliegen
  • Carsharing nutzen
  • Auch mal zu Fuss gehen
  • Pick-e-Bike leihen
  • Kofferraum entrümpeln
  • Reifendruck prüfen
  • Mitfahrgelegenheiten bilden

Energie

  • Duschen statt baden
  • Waschtemperatur reduzieren
  • Geräte ausschalten
  • LED verwenden
  • Wäsche sonnentrocknen
  • Stosslüften
  • Energieeffzient bauen
  • Nachhaltig heizen

Vorbildlich

www.radius39.com
Laden und Café mit hochwertigen Produkten aus Kleinbetrieben der Region Basel (innerhalb eines Radius von 39 km).

www.goldenes-fass.ch
Restaurant (nur abends) mit «radikalen, saisonalen und total regionalen» naturnahen und nachhaltigen Produkten.

www.backwarenoutlet.ch
Bietet Restbestände von Bäckereien und engagiert sich gegen Foodwaste.

www.baselunverpackt.ch
Biologisches, möglichst regionales und unverpacktes Sortiment (Lebensmittel, Körperppfege, Haushaltsutensilien etc.).

www.sharely.ch
Miet- und Vermietplattform für Alltagsgegenstände (z.B. Gartengeräte, Partyutensilien, Musikinstrumente etc.).

www.changemaker.ch
Produkte mit hohem Anspruch an Zeitgeist, Qualität und Nachhaltigkeit. Auch in Basel.

www.frischundregional.ch
Internetplattform (und ein kleiner Laden in der Markthalle) mit regionalen Produkten, inkl. Lieferservice.

www.rep-statt.ch
Fachleute reparieren in der Markthalle Basel defekte Geräte oder Gegenstände.

www.stadtpilze.ch
Züchtet Gourmetspeisepilze auf Kaffeesatz für Basel und die Region.

www.haenowitzpage.ch
Handwerklich betriebene, nachhaltige Kaffeerösterei in Basel.

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