Steckbrief: Markus Land (44)
Hier lernte er schliesslich Herrn S. kennen: «Es hat irgendwie sofort 'gefunkt' zwischen uns», erzählt Markus. «Herr S. war 93, demenzkrank, einsam und ein recht sturer Kopf. Als sie ihn mir vorstellten, war mir sofort klar: das funktioniert. Er reagierte und respektierte mich. Herr S. wurde zu einer Art «Adoptiv-Grosspapi» von mir.»
Bild: Aufenthaltsraum im Wesley Haus Basel
Der Beginn einer Freundschaft
Markus begann sich in seiner Freizeit mit Herrn S. zu beschäftigen – in der Regel war es der Sonntag, an dem sie etwas unternahmen. «Klar – ich fragte mich ab und zu – soll ich heute zu ihm? Theoretisch müsste ich ja noch dies oder jenes erledigen… Doch dann kam schnell der Gedanke: mein Adoptiv-Grosspapi sitzt gerade allein in seinem Zimmer. Diese Vorstellung machte mich traurig. Und ich machte mich auf den Weg.»
Markus und Herr S. wurden ein perfektes Team. Nach einiger Zeit lernte der freiwillige Helfer die Eigenheiten und Gewohnheiten von Herrn S. kennen und fand einen Draht zu ihm. «Ich hatte den Eindruck, dass er mich mochte – irgendwie. Auch wenn seine Krankheit ihn stark beeinträchtigte. Aber da waren Situationen, in denen mir klar wurde: Er weiss auch noch nach längerer Zeit, wo ich mit ihm gewesen bin und was wir alles zusammen erlebt haben. Diese Feststellung war für mich sehr rührend.»
Vom «Joggeli» bis zum «Les Trois Rois»
Vom «Joggeli» bis zur Bar des «Les Trois Rois»-Hotels - Markus unternahm mit Herrn S. viele tolle Dinge. Sie gingen einmal in den Basler Zolli. «Da war sogar mal meine Schwester mit ihren Kindern dabei – an ihnen hatte Herr S. sichtbar grosse Freude.» Sie erlebten viele weitere Sachen gemeinsam. Markus erinnert sich: «Herr S., ein Ur-Basler, der früher beruflich als Laborant in der Pharmabranche tätig war, war zudem viele Jahre Fussball-Schiedsrichter. Deshalb hatte er wohl auch extreme Freude an unseren gemeinsamen «Joggeli»-Besuchen. Ich organisierte einen FCB-Schal und wir machten uns stilecht auf den Weg zum Fussballspiel. Da strahlte er förmlich. Ein anderes Mal setzte ich mich mit ihm in eine Basler Fähre und sagte dem Fährimann, Herr S. und ich würden jetzt einfach mal zehn Mal hin und her fahren. Auch assen wir auf dem «Rhystärn» gemeinsam mit meinen Eltern Flammkuchen. Das genoss er ebenfalls. Und ich habe ich ihm mal ein Glas Champagner im «Les Trois Rois» ausgegeben. Dies war für Herr S. ein Highlight.»
Bild: Markus Land (Freiwilliger Helfer Aktivierung) mit Marie-France Richert (Zentrumsleiterin Wesley Haus Basel)
Die kleinen Dinge im Leben zählen
Dieses berührende Engagement des sympathischen Basler Application Owner trug schnell Früchte: «Immer nachdem wir wieder etwas Zeit miteinander verbracht haben, hörte ich vom Pflegepersonal, dass er auch die Tage danach noch geistig viel klarer war. Das zu hören motivierte mich schon sehr. Es ist beeindruckend, was ein bisschen Aufmerksamkeit für einen Menschen eigentlich so ausmachen kann. Und auch mir hat das alles ja Spass gemacht – und ich bin echt dankbar, ihn gehabt zu haben.»Bild: Wesley Haus Basel (Büro)
So hilft Markus und das Team Aktivierung den Bewohnerinnen und Bewohnern im «Wesley Haus»:
Orte, die Erinnerungen wecken
«Einmal lotste er mich an den Ort, wo er sein Leben lang mit seiner bereits verstorbenen Frau gelebt hatte. Als wir ankamen, sagte er, hier würden er und seine Frau wohnen und wir sollten zu ihm nach Hause. Meine Emotionen in diesem Moment lassen sich kaum beschreiben. Ich konnte ihm jedenfalls nur schwer beibringen, warum wir nicht hineingehen konnten. Ich glaube, er wurde sogar ein wenig sauer auf mich – denn er hat es nicht verstanden. Dieser Tag mit ihm ging mir sehr nahe.
Alles geht einmal zu Ende
Zusammen erlebten Markus und Herr S. seit diesem Tag noch viele schöne gemeinsame Momente. Markus erinnert sich: «Oft haben wir nicht mal viel gesprochen. Wir sassen einfach da und haben bei einem Kaffee gemeinsam den Rhein und die Menschen beobachtet. Es waren unglaublich gute Tage. Man muss auch nicht viel sprechen, um zu zeigen: Ich bin da für dich. Präsenz alleine bedeutet einer einsamen Person bereits viel. Doch er erzählte mir auch oft etwas. Spannend waren z.B. seine Berichte über seinen Vater: Der war wohl vor einem ganzen Jahrhundert Chef der Basler Feuerwehr.»
Doch die gemeinsame Reise ging schliesslich zu Ende: «An einem Montagmorgen klingelte das Telefon. Herr S. war in der Nacht verstorben. In den Tagen zuvor, an denen er schon sehr geschwächt war, konnte ich noch bei ihm sein.»
Bild: Wesley Haus Basel
«Tröstend sind die Erinnerungen»
«Solch ein Verlust macht traurig. Doch tröstend sind die Erinnerungen an die vielen schönen gemeinsamen Momente, die einem wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern: Es ist Teil des Lebens, loslassen zu können» so Markus. Die Hinterbliebenen wollten keine Abdankung und beerdigt wurde Herr S. anonym im Gemeinschaftsgrab der Stadt Basel. Markus verurteilt niemanden: «Das steht mir nicht zu.» Er fügt nur an: «Ich werde demnächst hingehen und eine Blume niederlegen. Auch in Gedenken an die vielen anderen Menschen, welche einsam und allein verstorben sind.»
GGG Benevol ist froh um Unterstützung
Markus möchte sich nun wieder einer neuen Person annehmen: «Im Wesley Haus gibt es wieder jemanden, der sich mit mir gut verstehen könnte. Nächste Woche werden wir uns kennenlernen. Auch würde ich gern zusätzlich Sterbebegleitung für Menschen leisten, die sonst niemanden mehr haben, der sie auf diesem Weg begleitet. Hierfür werde ich im Dezember die Pastorin vom Wesley Haus treffen und die Aufgabe näher kennenlernen.»
Bild: Markus Land (Freiwilliger Helfer Aktivierung) mit Marie-France Richert (Zentrumsleiterin Wesley Haus Basel)
Marie France Richert
Zentrumsleiterin Wesley Haus, Bethesda Alterszentren AG
Frau Richert, seit wann setzt das Wesley Hausbereits auf die Hilfe von Freiwilligen im Bereich Aktivierung?
Wie viele Freiwillige gibt es aktuell im Wesley Haus?
Was macht die Freiwilligen im Bereich Aktivierung so wertvoll?
Werden aktuell weitere Freiwillige im Wesley Haus gesucht?
Kennen Sie weitere Basler Heldinnen und Helden?
Kennen Sie Basler «Heldinnen» oder «Helden» aus dem Kanton Basel-Stadt über die wir unbedingt berichten sollten? Erzählen Sie es uns! Wir freuen uns auf viele weitere tolle Geschichten über Menschen, die Basel durch ihr Engagement zu etwas ganz Besonderem machen.
Kontaktieren Sie uns!
Für andere da sein: GGG Benevol hilft Ihnen dabei
Sie möchten Hilfebedürftigen Ihre Unterstützung anbieten oder benötigen selbst Hilfe? GGG Benevol bringt Helfer(innen) und Hilfesuchende zusammen. Melden Sie sich noch heute!