Aktienmarkt trotz tiefer globaler Rezession stabil
Der April war ein sehr guter Monat für Aktien. Die wichtigsten globalen Aktienindizes haben je nach Region 5% bis 16% zugelegt. Im April am meisten zugelegt hat der US-Technologieindex Nasdaq, der etwa um 15.5% gestiegen ist. Der Schweizer SMI hat im April nur etwa um 5% zugelegt. Er hatte davor aber auch viel weniger verloren. Seit Jahresanfang verliert der SMI bis zum heutigen Redaktionsschluss am 8. Mai weniger als 10% und - berücksichtigt man die Dividendenerträge - dann sogar weniger als 7%. Eine bisher erstaunlich gutmütige Reaktion des Schweizer Aktienmarktes in Anbetracht der vielen Hiobsbotschaften aus der Wirtschaft.Dass alle Wirtschaftsindikatoren und der Arbeitsmarkt stark einbrechen würden, war allen Beobachtern eigentlich schon Ende März klar. Was leider kommen musste, wird jetzt in offiziellen Statistiken im Nachhinein bloss noch offiziell festgehalten. Die am 8. Mai veröffentlichten US-Arbeitsmarktzahlen für den April, die einen Verlust von 20.5 Millionen Anstellungen feststellen, was eine Arbeitslosenquote von 14.7% ergibt, zeigt auf, dass wir uns nicht weit weg von den Niveaus der Grossen Depression der 1930er Jahre befinden. Damals erreichte die Arbeitslosigkeit zeitweise Werte von über 20%. Diese historischen Rekorde könnten im Mai sogar noch übertroffen werden. In der Schweiz erwartet man einen Anstieg auf über 4%.
In der Eurozone dürfte die Arbeitslosenquote dank vieler Kurzarbeit-Programme - zumindest im Länderdurchschnitt - deutlich tiefer bleiben als in den USA. Dass im Englischen Kurzarbeit mit "kurzarbeit" übersetzt wird, belegt, wie weit die Vorstellungen von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft in den USA und in Europa inzwischen auseinander liegen. Trotz katastrophaler Zahlen aus der Wirtschaft konnte eine Kombination von massiven Eingriffen der Geldpolitik und der Fiskalpolitik die Finanzmärkte bisher stabilisieren. Die Frage, wie nachhaltig dies wirkt, bereitet auch uns viel Kopfzerbrechen. Die Nebenwirkungen der Geld- und Fiskalpolitik werden in eine entferntere Zukunft verschoben, diese holen uns kurzfristig aber noch nicht ein.
Kritische Phase der Lockerungen beginnt
Am 11. Mai beginnt in der Schweiz die zweite Phase der Lockerungen, insbesondere mit der Öffnung der obligatorischen Schulen, von Geschäften und unter Auflagen auch der Gastronomie. Die jüngsten Zahlen zur Entwicklung der täglich durch Tests bestätigen Neuinfektionen sind in der Schweiz und in den grössten vier Volkswirtschaften der Eurozone ermutigend. In der Schweiz lag die Zahl der täglich neu laborbestätigten Infektionen in der ersten Maiwoche deutlich unter 100. Das ist ein Niveau, dass es erlaubt, jeden neuen Fall in seiner Infektionskette zurückzuverfolgen und entsprechende Quarantänemassnahmen anzuordnen. Was die Epidemie betrifft, steht in Europa im Mai die Ausweitung der Tests und die systematische Rückverfolgung der Infektionsketten ganz oben auf der Agenda. Nach "Lockdown" wird "Track and Trace" zum zentralen Begriff. Die vieldiskutierten Apps für die individuelle Ermittlung des Infektionsrisikos werden in einigen europäischen Ländern wohl bald eingeführt.Die Situation in Europa kann nicht mehr mit der weiterhin sehr kritischen Situation in den USA verglichen werden. Dort wurde Ende April die Zahl von einer Million bestätigter Infektionen überschritten. Es sind inzwischen über 75'000 Menschen in den USA an Covid-19 gestorben. Rosa gefärbte Prognosen oder medizinische Thesen zu Medikamenten, die Donald Trump an seinen umstrittenen Pressekonferenzen vorstellt, erweisen sich oft nach wenigen Wochen als offensichtlich komplett falsch. Der aktuelle Trend lässt leider befürchten, dass bis Mitte Juni in den USA die zweite Million laborbestätigter Infektionen erreicht wird und dass bis Ende Juli bereits 150'000 Menschen Opfer von Covid-19 sein werden.
Ungewisse wirtschaftliche Erholung
Das Risiko eines Rückschlags in den USA halten viele Experten weiterhin für hoch. Es zeigt sich auch bereits, dass der Versuch, Lockerungen früh einzuführen, nicht zu einer raschen und breiten Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Aktivität geführt haben. Die Furcht der Menschen vor einer Ansteckung kann nicht durch simple Ankündigungen der Regierung eliminiert werden. Wir halten das Szenario einer langanhaltenden chronischen Wirtschaftsschwäche in den USA für wahrscheinlicher als in Europa oder Asien. Die erwartete globale wirtschaftliche Erholung im zweiten Halbjahr wird - nicht zuletzt wegen der Situation in den USA - nicht rasch vollzogen werden können. Wir bleiben aber zuversichtlich, dass global betrachtet, der Höhepunkt der Krise Ende Mai überwunden sein könnte.
Wir raten an Aktienpositionen festzuhalten. Wir werden Sie dabei weiter laufend informieren. Für Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.
Dr. Sandro Merino
Chief Investment Officer und Leiter BKB Asset Management
Erfahren Sie aus erster Hand die Einschätzungen unseres Chief Investment Officers, Dr. Sandro Merino, und überprüfen Sie Ihre Anlagestrategie mit Ihrer Kundenberaterin oder Ihrem Kundenberater.