Rennen um Amt des US-Präsidenten wieder offen
Nachdem Joe Biden auf eine erneute Kandidatur für das Präsidentenamt der USA verzichtet und damit den Weg für Kamala Harris freigemacht hat, ist der Ausgang der Wahl wieder völlig offen. Die amtierende Vizepräsidentin wurde zwischenzeitlich mit 99 % der Delegiertenstimmen zur neuen Präsidentschaftskandidatin der Demokratischen Partei gewählt. Bereits vor diesem Entscheid war es ihr gelungen, im Juli innerhalb einer Woche über 200 Millionen US-Dollar an Spendengeldern einzunehmen. Dabei wurde nach Angaben ihres Wahlkampfteams eine sehr hohe Anzahl von Erstspenden registriert. Dies wurde als Indiz dafür gewertet, dass Kamala Harris auf eine breite Unterstützung durch die Basis der Demokraten zählen kann. Die Spendenfreude hat auch Anfang August nicht nachgelassen. In der vergangenen Woche hat sie zudem ihren potenziellen Vizepräsidenten bestimmt. Tim Walz soll ihr als Gouverneur von Minnesota dabei helfen, die umkämpften Swing States für sich zu entscheiden.
Der gute Start in die Kampagne spiegelt sich auch in den aktuellen Umfragewerten. Während Joe Biden zuletzt deutlich in der Wählergunst zurücklag und nach dem Anschlag auf Donald Trump die Wahl für einige Beobachter fast schon zu dessen Gunsten entschieden schien, hat Kamala Harris Boden gutgemacht. Nach den aktuellen Umfragen ist das Rennen um das US-Präsidentenamt wieder völlig offen. In einigen der für die Wahl so wichtigen Swing States liegt sie aktuell vor Donald Trump.
Notenbank der USA noch restriktiv
Die US-Fed hat in ihrer Sitzung Ende Juli erneut auf eine Zinssenkung verzichtet. Sie ist damit die einzige bedeutende Notenbank, die an ihren hohen Leitzinsen festhält. Zum Vergleich: Die Schweizerische Nationalbank hat ihre Zinsen 2024 bereits zweimal und die Europäische Zentralbank einmal gesenkt. Die Leitzinsen der Bank of Japan sind trotz der jüngsten Erhöhung eigentlich sehr tief. Zwar hat die restriktive Geldpolitik in den USA die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen und private Haushalte – wie auch für den Staat – deutlich verschärft. Bei den Wachstumsraten hat dies aber bislang noch zu keinen deutlichen Bremsspuren geführt. Vielmehr ist der Anstieg des Bruttoinlandsproduktes für das zweite Quartal gemäss der ersten Indikation überraschend gut ausgefallen. Dies hat der US-Notenbank ein Festhalten an ihren hohen Leitzinsen ermöglicht, auch wenn die Inflationsentwicklung zwischenzeitlich eine erste Zinssenkung erlauben würde.
Letztere wird aktuell am Markt fest für den Monat September eingepreist. Für den Zinsschritt spricht erstens, dass die Stimmung in der US-Industrie gemäss dem Einkaufsmanagerindex (ISM) weiter gesunken ist. Zweitens die Tatsache, dass weniger neue Stellen in den USA geschaffen wurden als erwartet. Als Reaktion auf die Zahlen und vor dem Hintergrund der angespannten Lage im Nahen Osten kam es Anfang August zu einer deutlichen Korrektur an den globalen Börsen. Die Renditen von Staatsanleihen gaben nach. Entsprechend wird mit Spannung auf die Veröffentlichung der US-Konsumentenpreise für den Monat Juli gewartet. Sie steht am 14. August 2024 auf der Agenda. Die Prognosen lassen auf einen weiteren leichten Rückgang der Teuerungsrate schliessen.
US-Berichtssaison leicht besser als erwartet
Die bislang veröffentlichten Unternehmensergebnisse in den USA haben die Erwartungen mehrheitlich übertroffen. Aus den bis Anfang August vorliegenden Daten geht hervor, dass 78 % der Unternehmen die Erwartungen in Bezug auf ihre Gewinnentwicklung leicht übertreffen konnten. Aus den Zahlen kann unseres Erachtens nicht auf eine Verschlechterung des wirtschaftlichen Umfelds geschlossen werden. Nach der Korrektur an den Aktienmärkten sind die Bewertungen leicht gesunken, dennoch liegen sie speziell in den USA weiter auf einem hohen Niveau.
Generell gilt, dass die Wirtschaftsdaten eine zwar unterdurchschnittliche, aber weiterhin positive Entwicklung der Konjunktur versprechen. Entgegen jüngster Überschriften in verschiedenen Medien sind aktuell keine Anzeichen für eine globale Rezession erkennbar. Nach den Gewinnmitnahmen bei den Aktien im Juni sind wir weiter nahe der strategischen Quote positioniert. Die jüngste Kurskorrektur bietet punktuell Chancen zum Zukauf von Aktien. Die Lage im Nahen Osten hat uns aber bislang von diesem Schritt abgehalten.
USA: Wirtschaftsdaten mit Licht und Schatten
Nach einem schwachen ersten Quartal hat der Anstieg des BIP im zweiten Quartal (QoQ, annualisiert) deutlich positiv überrascht. Gemäss der ersten Schätzung liegt das Plus bei 2,8 %. Überproportional beigetragen haben die Staatsausgaben und private Investitionen. Einzelne Frühindikatoren trüben dagegen das positive Bild. Der Einkaufsmanagerindex für die Industrie gab erneut nach und liegt mit 46.8 Punkten unter der kritischen 50-Punkte- Marke. Der Indikator signalisiert für die kommenden Monate eine schwache Entwicklung der Industrie. Der Index für den Dienstleistungsbereich ist dagegen mit 51.4 Punkten wieder expansiv (Abb. 1), was aufgrund der hohen Bedeutung des Sektors positiv zu werten ist. Schwächer als erwartet präsentiert sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt. Die Zahl der neu geschaffenen Stellen nahm zu, wurde aber mit 114 000 den Prognosen nicht gerecht. Die Arbeitslosenquote stieg zudem auf 4,3 %. Auch wenn die jüngsten US-Daten teilweise enttäuschten, signalisieren sie bislang keine erhöhte Rezessionsgefahr.
Abb. 1: USA – Einkaufsmanagerindizes
Eurozone: Starke Divergenz im Währungsraum
Auch in der Eurozone wurden die Wachstumsraten für das zweite Quartal publiziert. Das Plus von 0,3 % (QoQ, nicht annualisiert) lag leicht über den Erwartungen. Dabei hat die Entwicklung im Währungsraum stark divergiert. Das spanische BIP legte um 0,8 % zu, das deutsche BIP gab dagegen um 0,1 % nach. Insbesondere der Industriebereich kämpft – wie Stimmungsindikatoren zeigen – weiterhin mit einem schwierigen Umfeld (Abb. 2). Der Dienstleistungsbereich fungiert dagegen auch in der Eurozone als wichtiger Stabilisator. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist weiterhin stabil. Die Arbeitslosenquote wird mit tiefen 6,5 % angegeben.
Abb. 2: Eurozone – Stimmungsindikatoren
Schweiz: Schwächere Frühindikatoren
Im Gegensatz zur Eurozone und zu den USA gaben die Schweizer Frühindikatoren auf breiter Front nach. Der Einkaufsmanagerindex der Industrie sank auf 43.5, der Index für den Dienstleistungsbereich auf 44.7 Punkte. Somit liegen beide Indikatoren wieder deutlich im kontraktiven Bereich. Auch das KOF-Konjunkturbarometer hat nachgegeben, bewegt sich aber nahe seinem langjährigen Durchschnitt (Abb. 3). Die schwächeren Konjunkturdaten spiegeln sich auch in der Arbeitslosenquote. Sie stieg im Juli auf 2,5 % (s. a.). Der KOF-Beschäftigungsindikator hat sich dagegen leicht verbessert. Er liegt weiterhin über seinem langjährigen Durchschnitt. Es rechnen nach wie vor mehr Unternehmen mit einem Beschäftigungsaufbau als mit einem -abbau.
Abb. 3: Schweiz – KOF-Konjunkturbarometer
Warten auf den Stimulus
Nachdem die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihren Leitzins im Juni um 0,25 % auf 1,25 % gesenkt hatte, blickten die Marktteilnehmer verschiedener Anlageklassen in Vorfreude auf die Aktionen der Notenbanken im Juli. Sie erhofften sich einen weltweiten Wettlauf im Senken der Leitzinsen. Aber weder die amerikanische Notenbank (Fed) noch die Europäische Zentralbank (EZB) trafen notenbankpolitische Entscheidungen. Auch die SNB vermeldete diesbezüglich keine Neuigkeiten. Entfacht wurden diese Erwartungen von Inflationsraten, die weltweit ihre Zenite überschritten haben und zumeist auf dem Rückzug sind. Da auch global die Renditen langlaufender Anleihen sinken, wird dies als Vorbote einer sich andeutenden expansiven Geldpolitik gedeutet. So haben sich beispielsweise die Renditen 10-jähriger Eidgenossen über die letzten 2 Monate mehr als halbiert. Per Ende Juli notierten sie bei rund 0,3 %. Ähnliche Effekte zeigen sich auf anderen Anleihemärkten.
Ausblick
Der abnehmende Inflationsdruck und durchwachsene Konjunkturdaten schüren die Erwartung, dass das Fed in den restlichen Sitzungen in diesem Jahr ihr Zinsniveau von aktuell 5,5 % deutlich absenken wird. Egal ob in Umfragen oder aus anderen Marktdaten abgeleiteten Zinsprognosen: Der Markt geht in der Spitze davon aus, dass sich der Zinsanker des Fed bis Mitte 2025 sogar halbieren könnte. Nicht ganz so euphorisch, aber dennoch optimistisch ist die Erwartung auf Zinssenkungen der EZB, die den ersten Schritt dazu vollzog. Das aktuelle Niveau liegt bei 4,25 %. Letztlich wird auch von der SNB, die als erste Zentralbank in den Zinssenkungsmodus schwenkte, erwartet, ihr aktuelles Niveau von 1,25 % weiter zu senken.
Wo es grosse Erwartungen gibt, bleiben Enttäuschungen nicht aus. Es bleibt weiterhin unklar, wann und wie schnell Zinssenkungen erfolgen werden. Wir behalten daher unsere leichte Untergewichtung bei den Obligationen in CHF bei.
Abb. 1: Entwicklung der Immobilienanlagen
in %
Schweizer Immobilienmarkt
Der Juli war erneut ein erfreulicher sonniger Monat für die kotierten Immobilienmärkte. Wie schon im Juni schlossen auch im Juli sowohl die Fonds als auch die Aktien im Plus (Abb. 1). Die Fonds legten um 2,1 % zu und stehen nun im Jahresverlauf bei einem Plus von über 7,1 %. Die Aktien entwickelten sich im Monat sogar einen Tick besser und konnten um beinahe 2,2 % steigen und liegen aufs Jahr immerhin 3,4 % im Plus. Der Juli war damit der dritte Monat in diesem Jahr, in dem sich beide Segmente gleichzeitig positiv entwickeln konnten.
Neben der Markttechnik ist auch das Umfeld unverändert positiv. Immobilienfirmen sammeln fleissig Geld am Markt, um entweder Liegenschaften zu erwerben oder den Schuldenberg abzutragen. Entsprechend der positiven Monatstendenz ist das durchschnittliche Aufgeld weiter angestiegen. Es liegt auf Indexebene nun bei knapp 23 %. Damit sind Immobilienfonds weiterhin nicht überteuert.
Fundamental bleibt die Nachfrage nach Wohnraum stabil. Es sind steigende Substanzwerte, stabile oder steigende Mieten und sinkende Leerstände zu beobachten. Auch die Ausschüttungsrenditen der Fonds sind mit durchschnittlichen 2,5 % auf Indexebene sehr attraktiv. Sinkende Zinsen und rückläufige Inflation verbessern weiterhin die Grundlagen für Schweizer Immobilienmärkte.
Wir halten an unserer neutralen Gewichtung von 5 % im Segment der indirekten Immobilienanlagen fest.
Aktienmarktrotationen im Juli
Anfang Juli sahen die Investoren zunächst eine Fortsetzung der Aktienmarktrallye, ehe die Kurse sich in der zweiten Monatshälfte überwiegend rückläufig entwickelten (Abb. 1). Die Schwäche der meisten Fremdwährungen gegenüber dem Schweizer Franken – mit dem japanischen Yen als nennenswerter Ausnahme – beeinträchtigte die Monatsperformance für Schweizer Anleger.
Unter den Aktienmarktsegmenten gab es deutliche Rotationen. Auf globaler Sektorenebene waren zinssensitive Titel aus dem Immobiliensektor sowie Versorger führend, dagegen zeigten sich Kommunikationsdienstleister sowie Titel aus dem IT-Sektor deutlich schwächer als der breite Markt (Abb. 2). Zweifel an der Rentabilität von KI-Investitionen trugen zur Schwäche der «Glorreichen Sieben»-Unternehmen bei, die zuvor den Anstieg des amerikanischen Aktienmarktes massgeblich geprägt hatten. Allgemein schnitten die in den vergangenen Jahren sehr erfolgreichen Wachstumstitel im Juli schlechter ab als Substanzaktien.
In der laufenden Berichtssaison hatten gemäss Factset bis Anfang August drei Viertel der Unternehmen aus dem amerikanischen S&P-500-Index ihre Geschäftszahlen für das 2. Quartal 2024 veröffentlicht. Demnach konnten 78 % der Unternehmen die Gewinnwachstumserwartungen übertreffen. Das Ausmass der Gewinnüberraschungen ist im Vergleich zu den vergangenen Jahren jedoch unterdurchschnittlich und liegt unter 5 %. Bislang gab es anteilig die meisten positiven Gewinnüberraschungen im Gesundheitssektor (90 % der Unternehmen) und die wenigsten (57 %) bei den Kommunikationsdienstleistern.