Zinssenkungen erwartet – Anlagenotstand 2.0
Der überraschend klare Ausgang der US-Wahlen hat an den Finanzmärkten bisher für eine insgesamt positive Reaktion gesorgt. Der breite US-Aktienindex S&P 500 und der deutsche DAX-Index haben Ende November neue Allzeithochs erklommen. In CHF gerechnet haben diese Indizes 2024 bis zum 6. Dezember eine Rendite von rund 35 % respektive rund 21,5 % erreicht. Auch der USD hat gegenüber dem CHF seit dem Wahlausgang nochmals knapp 2 % zugelegt. Diese insgesamt freundliche Stimmung an den Finanzmärkten wird insbesondere durch die Erwartung weiterer Zinssenkungen unterstützt. Zwar könnte Trumps Politik die US-Inflation wieder anfachen, dennoch werden weitere Zinssenkungen für den USD erwartet. Insbesondere dürfte die US-Notenbank (Fed) am 18. Dezember den Leitzins von 4,75 % auf 4,50 % erneut senken. Am 12. Dezember stehen die ordentlichen Zinsentscheide der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Schweizerischen Nationalbank (SNB) an. Auch hier dürften beide Zentralbanken den Leitzins jeweils um 0,25 Prozentpunkte reduzieren. Der EUR-Leitzins (EUR-Einlagensatz) würde so neu auf 3 % fallen. Für den CHF sind im Markt auch Erwartungen eines Doppelschrittes von 0,5 Prozentpunkte vertreten. Der SNB-Zinsentscheid wird somit mit besonderer Spannung erwartet. Die Inflation der Konsumentenpreise in der Schweiz lag für November bei 0,7 %. Für das kommende Jahr erwartet die SNB ein weiterhin niedriges Inflationsniveau von 0,6 %. Die Zinsmärkte erwarten, dass die SNB den Leitzins bis gar 0 % senken wird. Unsererseits erwarten wir bis Ende 2025 einen CHF-Leitzins von 0,25 %. Sollte die Inflation unerwartet noch tiefer als von der SNB erwartet ausfallen, dann ist eine erneute Phase mit CHF-Negativzinsen möglich. Es zeichnet sich für 2025 somit ein «Anlagenotstand 2.0» ab. Für Anlegerinnen und Anleger ist es wichtig, mittels einer global breit diversifizierten Anlagestrategie alle Renditequellen angemessen und risikobewusst zu erschliessen. Die Zinsen für CHF-Festhypotheken mit längerer Laufzeit haben die Zinserwartungen schon vorweggenommen und der Zeitpunkt für eine langfristige Hypothekarfinanzierung erscheint uns derzeit günstig. Auch die Schweizer Bundesfinanzen können erneut von langfristig sehr tiefen Schuldzinsen unter 0,25 % profitieren.
Frankreich: Regierungskrise ohne Finanzkrise?
Anders stellt sich die Lage für Frankreich dar. Die Zinsen für französische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren lagen seit 2015 unter 1 %. Ab 2022 sind diese aber auf rund 3 % angestiegen. Der für EU-Massstäbe schon amerikanisch anmutende Ausgabenüberschuss des französischen Staatshaushaltes für 2024 von rund 6 % des BIP sorgt für eine steigende Staatsverschuldung. Mit fast 112 % der Wirtschaftsleistung nähert sich Frankreichs Verschuldung gefährlich jener von Italien (137 %). Der ökonomische Druck dieser Entwicklungen hat nicht ausgereicht, um Premierminister Barniers Sparprogramm über die Hürde des Misstrauensvotums zu tragen. Die extreme Rechte Marine Le Pens und die linken Parteien haben die Regierung Barnier gemeinsam zu Fall gebracht. Neuwahlen können erst Mitte 2025 stattfinden und Präsident Macron wird wohl versuchen, eine neue Regierung zu bilden. Allerdings sind keine Mehrheiten in Sicht, die Frankreichs Verschuldung durch Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen wirksam bremsen würden. Marine Le Pen versucht, die Verantwortung für den Zustand der Staatsfinanzen mit Präsident Macron zu verknüpfen, und appelliert dafür, an der Urne für klarere Mehrheiten zu sorgen. Ein Rücktritt Macrons scheint derzeit wenig wahrscheinlich. Auch eine Finanzkrise Frankreichs zeichnet sich an den Märkten nicht ab. Die ökonomischen Hebel, die Finanzen ins Lot zu bringen, sind vorhanden; was fehlt, ist die politische Vorgabe der Wählerinnen und Wähler, ob primär Steuererhöhungen oder Ausgabensenkungen zum Ziel führen sollen. Somit werden die zwei wirtschaftlich bedeutendsten EU-Länder mit schwachen Regierungen dem keck auftrumpfenden US-Präsident Trump gegenübertreten müssen. Keine gute Ausgangslage für erfolgreiche Verhandlungsergebnisse der EU.
Anlagen im Fokus: US-Aktien, USD-Zinsen, Gold
In Anbetracht der vielen offenen Fragen zu Trumps kommender «Realpolitik» und in Anbetracht der offenen politischen Ausgangslage in Frankreich und Deutschland sind sehr spezifische Anlageempfehlungen derzeit unsicher. Dennoch erscheinen uns mittelfristig Anlagen in US-Aktien und in USD-Zinspapiere solider Unternehmen attraktiv. Längerfristig bleibt auch eine vermehrte Beimischung von Gold ins Portfolio attraktiv. Ihre Kundenberaterin oder Ihr Kundenberater kann Sie zu diesen Themen gerne ausführlicher beraten.
USA: Aussichten bleiben positiv
Auch die zweite Schätzung für das Bruttoinlandsprodukt im 3. Quartal bestätigt die gute Verfassung der US-Wirtschaft. Das Plus von 2,8 % (QoQ, annualisiert) liegt über dem langjährigen Durchschnitt. Wichtigster Treiber bleibt der private Konsum, auch wenn dessen Zunahme geringfügig auf 3,5 % reduziert wurde. Unterstützung erfährt die Konjunktur seitens der gesunkenen Teuerung und der anhaltend guten Verfassung auf dem US-Arbeitsmarkt. Entsprechend legte die Stimmung der Konsumenten erneut zu. Und zwar sowohl in Bezug auf die aktuelle Lage wie auch in Bezug auf die erwartete Entwicklung. Positiv ist zudem der leichte Anstieg des Einkaufsmanagerindex der Industrie zu werten, der nur noch wenig unter der kritischen 50-Punkte-Marke liegt (Abb. 1). Für die ersten beiden Quartale 2025 wurden die BIP-Prognosen denn auch Schritt für Schritt erhöht. Dies wird unter anderem mit der erwarteten unternehmensfreundlichen Politik der neuen US-Regierung erklärt. Für das Gesamtjahr 2025 wird dennoch mit einer schwächeren Konjunkturdynamik und einem Wachstum nahe dem langjährigen Durchschnitt gerechnet.
Abb. 1: Einkaufsmanagerindex Industrie
Eurozone: Schlechte Stimmung in der Industrie
In Europa bleibt die Lage eingetrübt. Der deutsche ifo-Geschäftsklimaindex ist erneut gesunken (Abb. 2) und spiegelt die negative Lagebeurteilung in der deutschen Wirtschaft. Dies bestätigen Einkaufsmanagerindizes der Industrie in der Eurozone. Die Indikatoren für Deutschland und Frankreich liegen weiterhin stärker im kontraktiven Bereich. Dabei gibt es beim Blick auf die Misere der europäischen Automobilindustrie und hinsichtlich latent vorhandener Risiken in Bezug auf mögliche Zollstreitigkeiten mit den USA wenig Hoffnung auf eine baldige Besserung. Die Arbeitslosenquote bewegt sich zwar trotz der schwachen konjunkturellen Verfassung weiterhin auf einem Rekordtief von 6,3 %, einen Anstieg des BIP um 1,2 % im Jahr 2025 (durchschnittliche Prognose) erachten wir aber nach wie vor als ambitiös.
Abb. 2: Eurozone - deutscher ifo-Index
Schweiz: Schwacher Anstieg des BIP
Im 3. Quartal 2024 ist die Schweizer Wirtschaft nur um 0,2 % (QoQ, nicht annualisiert) gewachsen – also weniger stark als die Eurozone (+0,4 %) und geringfügig stärker als Deutschland (+0,1 %). Das KOF-Konjunkturbarometer liegt nur leicht über seinem langfristigen Durchschnitt (Abb. 3) und der Einkaufsmanagerindex der Industrie hat wieder nachgegeben. Er liegt mit 48.5 Punkten im kontraktiven Bereich. Die Frühindikatoren signalisieren somit weiter eine schwache Konjunkturdynamik.
Schweiz: KOF-Konjunkturbarometer
Weitere Zinssenkungen im Dezember erwartet
An den Finanzmärkten wird aktuell heiss diskutiert, ob die US-Notenbank (Fed) den Leitzins in diesem Jahr noch einmal senkt. Gemäss dem jüngsten Fed-Protokoll sind sich die Fed-Mitglieder uneins darüber, wie weit sie die Zinsen noch senken müssen. Sie legen Wert darauf, dass die geldpolitischen Entscheidungen von der Entwicklung der Wirtschaft und den Auswirkungen auf die Wirtschaftsaussichten abhängen und nicht einem vorgegebenen Pfad folgen. Zudem sei es aufgrund der Unsicherheit über die Höhe des neutralen Zinssatzes – der das Wirtschaftswachstum weder einschränkt noch beflügelt – schwierig, den angemessenen Grad der restriktiven Geldpolitik zu bestimmen. Derweil erwarten die Finanzmarktteilnehmer nach wie vor, dass die Fed am 18. Dezember den Leitzins um weitere 0,25 Prozentpunkte senken wird.
In der Eurozone haben sich die Sorgen über eine hohe Inflation auf das Wirtschaftswachstum verlagert. Die beiden grössten Volkswirtschaften Deutschland und Frankreich schwächeln. Hinzu kommt die politische Unsicherheit in diesen beiden Ländern. An den Finanzmärkten wird erwartet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) im Dezember den Leitzins erneut um 0,25 Prozentpunkte senken wird. Einige Experten schliessen mittlerweile eine Senkung um 0,50 Prozentpunkte angesichts der schwachen Konjunktur nicht mehr aus.
Ausblick
Die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen fiel im November auf 4,17 %. In Deutschland haben die Kurse deutscher Staatsanleihen nach schwachen Wirtschaftsdaten deutlich zugelegt. Im Gegenzug fiel die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen auf rund 2,10 %. Die Rendite der 10-jährigen Schweizer Staatsanleihen sank auf 0,16 %.
Nach dem Sieg Trumps bleibt die Frage offen, wie viel von der Trump-Agenda tatsächlich umsetzbar ist. Bis Klarheit über die Zölle, Steuern und andere Massnahmen der neuen Regierung herrscht, werden Spekulationen und Zinsschwankungen wahrscheinlich anhalten. Wir favorisieren weiterhin globale Unternehmensanleihen (mit Fokus auf die USA) und behalten unsere leichte Untergewichtung bei den Obligationen in CHF bei.
Abb. 1: Immobilienmarktentwicklung
Schweizer Immobilienmarkt
Der November war ein sehr guter Monat für die Schweizer kotierten Immobilienmärkte. Sowohl Aktien als auch Fonds konnten Gewinne verzeichnen. Damit endete auch eine dreimonatige Periode, in der sich beide Märkte jeweils konträr entwickelten. Aktien haben letzten Monat satte 4,2 % zugelegt. Bei den Fonds waren es immerhin noch 1,6 %. Aufs Jahr gesehen sind es jedoch die Fonds, die mit einem Zuwachs von 14,2 % die Aktien mit ihren 12,2 % hinter sich lassen. Damit bestätigt die Entwicklung, dass 2024 bislang ein sehr gutes Immobilienjahr war (Abb. 1).
Die Markttechnik bleibt für beide Segmente positiv. Auch die Nachfrage nach Immobilienprodukten sprudelt. In diesem Jahr sind mehr Kapitalmarkttransaktionen (meist Kapitalerhöhungen, aber auch Kotierungen und Produktzusammenlegungen) durchgeführt worden als in den vergangenen 5 Jahren. Mit dem frischen Geld wurden entweder Liegenschaften erworben oder die Hypotheken reduziert.
Fundamental bleibt die Nachfrage nach Wohnraum stabil. Es sind steigende Substanzwerte, stabile oder steigende Mieten und sinkende Leerstände zu beobachten. Auch die Ausschüttungsrenditen der Fonds sind mit durchschnittlichen 2,4 % auf Indexebene sehr attraktiv. Sinkende Zinsen und rückläufige Inflation verbessern weiterhin die Grundlagen für Schweizer Immobilienmärkte. Insgesamt bringen die Kurszuwächse auch steigende Aufgelder, diese bleiben im Schnitt jedoch fair bewertet, in einer Bandbreite von knapp 50 % bis zu einem Abschlag von rund 20 %.
Wir halten an unserer neutralen Gewichtung von 5 % im Segment der indirekten Immobilienanlagen fest.
Amerikanischer Aktienmarkt auf neuen Höchstständen
Der überraschend klare Wahlausgang zugunsten von Donald Trump beflügelte die amerikanischen Aktienmärkte. Diverse US-Aktienindizes wie beispielsweise der S&P 500 kletterten am letzten Handelstag im November noch mal auf neue Allzeithochs (in Lokalwährung). Erfreulich ist, dass die Marktbewegung nicht mehr nur von wenigen Titeln getrieben wurde, sondern eine breite Basis hatte. Die amerikanischen Nebenwerte konnten die Standardwerte im November gar deutlich übertreffen. Während der US-amerikanische Aktienmarkt, aus Schweizer Sicht zusätzlich unterstützt durch Währungsgewinne, erfreuliche Ergebnisse erzielte, hatten die europäischen Aktienmärkte Mühe, sich zu behaupten. Die wenig dynamische wirtschaftliche Lage, die politische Instabilität infolge des französischen Haushaltsstreits, Unsicherheit bezüglich höherer Zölle der
neuen Trump-Regierung sowie das geopolitische Spannungsfeld bremsten die Kursentwicklung in Europa. Chinesische Aktien wurden durch die Diskussionen um höhere US-Einfuhrzölle ebenfalls beeinträchtigt. Auch neue Stimuli-Massnahmen seitens der chinesischen Politik bewirkten keinen Umschwung. Der Aktienindex für die Schwellenländer war im November im Minus. Dem exportorientierten japanischen Aktienmarkt schadete in Lokalwährung die Yen-Stärke, die aber aus Schweizer Sicht zu einem positiven Gesamtergebnis führte (Abb. 1).
Auf Sektorenebene waren Grundstoffe, Gesundheitstitel und Versorger weltweit schwächer als der breite Markt. Die Outperformance von diskretionären Konsumgütern basierte hingegen überwiegend auf der guten Wertentwicklung der amerikanischen Titel, allen voran des Indexschwergewichts Tesla. Überdurchschnittlich schnitten auch Aktien aus dem Finanzsektor ab, bei denen die Erwartung von Deregulierungsmassnahmen seitens der Trump-Regierung Unterstützung bot.
Hohe Bewertungen am amerikanischen Aktienmarkt
Mit dem Kursanstieg haben sich auch die Bewertungen der amerikanischen Aktien verteuert (Abb. 2). Das Kurs-Gewinn-Verhältnis bewegt sich derzeit auf ähnlich hohen Niveaus wie während der Finanzkrise oder der Pandemie, als die Gewinne einen starken Einbruch hatten. Beruhigend ist dagegen, dass die hohen Bewertungen sich überwiegend auf wenige Titel mit hohem Indexgewicht konzentrieren. Im Bereich amerikanischer Nebenwerte und in anderen geografischen Regionen sind die Bewertungen meist nicht übermässig hoch.
Abb. 1: Regionale Aktienperformance im November
Net Total Return Index in CHF, 31.11.2024=100
Anlagestrategie
Die geopolitischen Risiken haben sich nicht wesentlich reduziert. Der Trend sinkender Inflationsraten ist weiterhin intakt und bietet Unterstützung für die Aktienmärkte. Die hohen Bewertungen insbesondere der Schwergewichte am US-Aktienmarkt mahnen hingegen zur Vorsicht. Wir positionieren uns bei den Aktien weiterhin nahe der strategischen Quote.
Abb. 2: Bewertungen am US-Aktienmarkt
Kurs-Gewinn-Verhältnis für den MSCI USA Index