Investment Letter 10/24

- Weitere Zinssenkungen erwartet
- Aktienmärkte: Seitwärts-Trend hält an
- US-Wahlen: Wenige Wochen vor der Wahl

Chief Investment Officer Sandro Merino beleuchtet aktuelle Wirtschaftsthemen in der Oktober-Ausgabe des Investment Letters.
Am 11.10.2024 in Investment Letter von Dr. Sandro Merino

Weitere Zinssenkungen erwartet

Die Zinssenkungen für den CHF, den EUR und den USD im vergangenen September sind weitgehend so wie erwartet eingetroffen. Leicht überrascht hat der Jumbo-Zinsschritt von 0,5 % der US-Notenbank Fed am 18. September. Die Leitzinsen liegen nach den jüngsten Zinssenkungen aktuell bei 1 % (CHF), 3,50 % (EUR) und 5 % (USD).

Die nächsten Zinsentscheide werden für den EUR bereits am 17. Oktober erwartet. Die US-Notenbank Fed trifft ihren nächsten Entscheid am 7. November und die Schweizerische Nationalbank (SNB) entscheidet am 12. Dezember. In  allen drei Fällen wird derzeit eine weitere Zinssenkung von 0,25 % erwartet. Auch im kommenden Jahr dürfte sich die Lockerung der Geldpolitik fortsetzen. Die jüngsten Zahlen zur US-Inflation waren etwas höher als erwartet. Damit bleibt die Eindämmung der Inflation mit Unwägbarkeiten behaftet. Die Kerninflation in den USA liegt weiterhin deutlich über 3 % und der Abwärtstrend wurde im September gar gebrochen. Zudem bleibt der US-Arbeitsmarkt stärker als erwartet, was ebenfalls die Erwartung einer weiterhin hartnäckigen Inflation stützt. Somit kann die US-Notenbank den Tag nicht vor dem Abend loben und wird weitere Zinssenkungen stets kritisch gegenüber der aktuellsten Inflationsentwicklung abwägen müssen.

Anders stellt sich die Lage in Europa dar. Die Wachstumsprognosen in Deutschland und für die Eurozone müssen für das laufende Jahr nach unten korrigiert werden. Die Aussichten für 2025 sind bescheiden und mit vielen Unsicherheiten behaftet. Dies lässt erwarten, dass die Europäische Zentralbank die Zinssenkungen mit weniger Zweifeln als die amerikanischen Kollegen vollziehen kann. Dafür spricht, dass die Inflation in der Eurozone im September bereits unter 2 % gefallen ist und in den kommenden Monaten noch weiter fallen könnte.

Auch die SNB hat einige Gründe, die Zinsen weiter zu senken. Im September lag die Inflation bei 0,8 % und ein deutlicher weiterer Rückgang der Inflation würde bereits Deflationsrisiken am Horizont beschwören. Die schwachen Konjunkturdaten aus der Eurozone und aus China belasten den inländischen Industriesektor bei den Exporten. Zusätzlich sorgen die geostrategischen Risiken für potenziellen weiteren Aufwertungsdruck auf den CHF. Somit könnten die CHF-Leitzinsen vor Mitte 2025 bis auf 0,5 % weiter fallen.

Aktienmärkte: Seitwärts-Trend hält an

Seit der Anpassung unserer Anlagestrategie am 20. Juni sind die Indexstände der wichtigsten Aktienindizes weitgehend unverändert geblieben (SPI – CH, Eurostoxx50 – Eurozone, S&P 500 – US). Damit war unser Entscheid einer Reduktion der Aktienquote in Vermögensverwaltungsmandaten und Anlagelösungen so weit richtig. Auch gegenwärtig ergeben die Risiken und Chancen aus unserer Sicht eine neutrale Positionierung der Aktienquote. Einerseits stützen die erwarteten Zinssenkungen die Aussichten für Aktien. Andererseits sorgen US-Wahlen, schwächelnde Konjunkturdaten in China und in der Eurozone sowie die weiterhin dramatische Lage im Nahen Osten und in der Ukraine für berechtigte Sorgen zur weiteren Entwicklung an den Märkten.

US-Wahlen: Wenige Wochen vor der Wahl

Auch wenige Wochen vor den Wahlen am 5. November bleibt es kaum möglich, eine verlässliche Prognose zur Frage Trump oder Harris zu stellen. Innenpolitische Themen (Inflation, Steuern, Migration, Krisenmanagement nach den Stürmen in Florida) dürften dabei das stark polarisierte Wahlverhalten beherrschen. Ein fundamentales finanzpolitisches Thema wird weder von Trump noch von Harris angesprochen. Das Schweigen dazu ist sozusagen ohrenbetäubend. Seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise vor 15 Jahren hat die US-Staatsverschuldung von rund 40 % auf fast 100 % der US-Wirtschaftsleistung zugenommen. Die US-Staatsschulden haben also die Grössenordnung von 27 Billionen USD erreicht (eine 27 mit 12 Nullen). In Relation zur Wirtschaftsleistung (BIP) liegen sie so hoch wie zuletzt zum Ende des
Zweiten Weltkriegs. Die Wahlversprechen von Trump und Harris sehen keinerlei Schuldenbremse vor. Im Gegenteil, sowohl Trumps massive Steuersenkungen und in geringerem Ausmass auch Umverteilungen, die Harris in Aussicht stellt, werden den Schuldenberg deutlich vergrössern. Wer dereinst im Weissen Haus hart auf die Schuldenbremse stehen muss, ist heute gänzlich unbekannt. Bis Ende des Jahrzehnts könnte eine schmerzhafte und global folgenreiche US-Sparpolitik aber nicht mehr zu vermeiden sein.

USA: Arbeitsmarkt überrascht positiv

In den vergangenen Monaten liessen viele Daten auf eine schwächere Dynamik auf dem US-Arbeitsmarkt schliessen. Nun hat der jüngste Bericht diese Erwartungen zumindest für September Lügen gestraft. Die Arbeitslosenquote gab auf 4,1 % (Abb. 1) nach und die Zahl der neu geschaffenen Stellen ist deutlich stärker gestiegen als prognostiziert. Auch die Lohnsteigerungen wurden wieder mit 4 % (YoY) angegeben. Der stärker als erwartet ausgefallene Arbeitsmarktbericht spricht gegen die Befürchtungen hinsichtlich einer möglichen US-Rezession. Hierfür gibt es auch sonst keine belastbaren Hinweise, obwohl der Einkaufsmanagerindex für die Industrie unter der kritischen 50-Punkte-Marke notiert wird. Tiefere Leitzinsen und sinkende Renditen senken die Finanzierungskosten für Haushalte, Unternehmen und den Staat. Und der
Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungsbereich, der den Grossteil der US-Wirtschaft repräsentiert, hat stärker als erwartet zugelegt. Er bewegt sich mit 54.9 Punkten wieder deutlicher im expansiven Bereich.

Abb. 1: USA – Arbeitslosenquote

Eurozone: Gute Stimmung dauerte nur kurz

Nachdem die olympischen Spiele in Paris in Frankreich kurzzeitig für gute Stimmung gesorgt hatten, ist diese einer gewissen Ernüchterung gewichen. So signalisieren Stimmungsindikatoren für die gesamte Eurozone auch weiterhin ein nur unterdurchschnittliches Wachstum (Abb. 2). Speziell im Bereich der Industrie stehen die Signale weiter auf Rot, aber auch im Dienstleistungsbereich gibt es keine Anzeichen für eine deutliche Verbesserung. Da hilft es nichts, dass die Arbeitslosenquote erneut mit tiefen 6,4 % vermeldet wurde. BIP-Prognosen für 2025 von +1,3 % erscheinen vor dem Hintergrund der aktuellen Verfassung der Wirtschaft als zu optimistisch.

Abb. 2: Eurozone – Stimmungsindikatoren

Schweiz: KOF-Indikator deutlich besser als erwartet

Während die Schweizer Einkaufsmanagerindizes im August stärker als erwartet zulegen konnten, bewegen sich beide im September nahe der kritischen 50-Punkte-Marke. Sie signalisieren ähnlich wie die Indikatoren in Europa ein zwar positives, aber unterdurchschnittliches Wachstum des Bruttoinlandsprodukts. Für eine deutlich positive Überraschung sorgte dagegen das KOF-Konjunkturbarometer. Dessen Vormonatswert wurde etwas stärker nach oben revidiert und für September wird ein Wert von 105.5 Punkten angegeben. Es liegt damit über seinem langfristigen Durchschnitt (Abb. 3). Gemäss KOF arbeitet sich die «Schweizer Wirtschaft … langsam aus der Talsohle heraus».

Abb. 3: Schweiz – KOF-Konjunkturbarometer

Fed senkt den Leitzins

Erstmals seit Ausbruch der Pandemie hat die US-Notenbank (Fed) den Leitzins gesenkt, und zwar gleich um 50 Basispunkte (Bp.). Die Inflation ist deutlich zurückgegangen, von einem Höchstwert von 9 % auf zuletzt 2,5 % im August, und der Arbeitsmarkt hat sich von seinem früheren überhitzten Zustand abgekühlt. Fed-Chef Jerome Powell ist überzeugt, dass der angepasste geldpolitische Kurs der Fed dazu beitragen wird, die Stärke der Wirtschaft und des Arbeitsmarkts aufrechtzuerhalten, und weitere Fortschritte bei der Inflation ermöglichen wird. In ihren aktualisierten Leitzinsprognosen signalisieren die Fed-Mitglieder zwei weitere Zinssenkungen um 25 Bp. für 2024. Im Jahr 2025 sollen Zinssenkungen von insgesamt 100 Bp. und im Jahr 2026 von 50 Bp. folgen. Damit bleibt die Fed jedoch leicht hinter den hohen Erwartungen der Finanzmarktteilnehmer zurück.

Die Schweizer Nationalbank (SNB) hat den Leitzins ein weiteres Mal um 25 Bp. auf 1 % gesenkt. Es ist dies die dritte Zinssenkung in Folge. Damit reagiert die SNB auf den gesunkenen Inflationsdruck in der Schweiz. Seit der letzten Lagebeurteilung ist die Inflation tiefer ausgefallen als erwartet. So lag sie im September bei 0,8 % im Vergleich zu 1,4 % im Mai. Gemäss SNB-Präsident Thomas Jordan könnten in den kommenden Quartalen noch weitere Zinssenkungen folgen, um die Preisstabilität mittelfristig zu gewährleisten.

Ausblick

Seit der deutlichen Zinssenkung der US-Notenbank haben die US-Staatsanleihen sowie die Staatsanleihen der Schweiz nachgegeben, was zu einem Anstieg der Renditen führte. Die Ausschläge bei deutschen Staatsanleihen fielen geringer aus. Die Hoffnung auf weitere Zinssenkungen belastete die Renditen Ende September. Die allmähliche Abkühlung der Inflation und die Verlangsamung der Konjunktur machten festverzinsliche Wertpapiere wieder attraktiver. In Anbetracht des langwierigen und unsicheren Zinszyklus, der durch geopolitische Risiken noch verstärkt wird, ist aber weiterhin Vorsicht geboten. Wir behalten daher unsere leichte Untergewichtung bei den Obligationen in CHF bei.

Abb. 1: Immobilienmarktentwicklung

Schweizer Immobilienmarkt

In den letzten beiden Monaten zeigte der Markt für kotierte Immobilienmärkte ein eher seltenes Verhalten. Während eines der beiden Segmente kräftig zulegte, stagnierte das jeweils andere. Im September stiegen die Fonds um 2,6 %, während Immobilienaktien unverändert blieben. Im Vormonat waren die Aktien fester, während die Fonds stagnierten (Abb. 1).

Insgesamt ist es bislang jedoch ein sehr gutes Jahr für Immobilienanlagen. Die Fonds stehen mit 9,8 % kurz vor einem zweistelligen Wertzuwachs seit Jahresbeginn. Aktien liegen mit 8,9 % auch auf einem sehr guten Jahreskurs.

Die Markttechnik bleibt sowohl für Aktien als auch für die Fonds positiv. Zudem sammeln Immobilienfirmen seit Jahresbeginn weiterhin fleissig Geld am Markt ein. Damit wurden entweder Liegenschaften erworben oder die Hypotheken reduziert. Fundamental bleibt die Nachfrage nach Wohnraum stabil. Es sind steigende Substanzwerte, stabile oder steigende Mieten und sinkende Leerstände zu beobachten. Auch die Ausschüttungsrenditen der Fonds sind mit durchschnittlichen 2,5 % auf Indexebene sehr attraktiv. Sinkende Zinsen und rückläufige Inflation verbessern weiterhin die Grundlagen für Schweizer Immobilienmärkte. Insgesamt bleiben die Fonds bei mittleren Aufgeldern von 25 % fair bewertet, allerdings in einer Bandbreite von 48 % bis zu einem Abschlag von 23 %.

Wir halten an unserer neutralen Gewichtung von 5 % im Segment der indirekten Immobilienanlagen fest.

Kursfeuerwerk am chinesischen Aktienmarkt dank Stimulus-Paket

Die Aktienmärkte der Industrieländer zeigten zum Ende des dritten Quartals eine durchmischte, jedoch in der Summe positive Performance. Nach anfänglichen Verlusten zu Monatsbeginn trug insbesondere die US-Zinswende zu einer Erholung im weiteren Monatsverlauf bei. Insgesamt konnten die Aktienmärkte der USA sowie der Eurozone im September etwas zulegen. Der Schweizer Aktienmarkt fiel dagegen aufgrund titelspezifischer Verluste bei den Indexschwergewichten etwas zurück. Auch der japanische Aktienmarkt beendete den Monat noch im Minus, nachdem der Yen angesichts weniger restriktiver Kommentare seitens der Bank of Japan seinen Höhenflug zur Monatsmitte beendet und damit den Kursverfall der japanischen Aktien gestoppt hatte. Deutlich positiv entwickelten sich dagegen Schwellenländeraktien. Diese profitierten vor allem von einem Kursfeuerwerk bei chinesischen Aktien (Abb. 1). Dies wurde durch koordinierte Stimuli-Massnahmen vor der «Goldenen Woche» ausgelöst, zu denen Zinssenkungen, die Reduktion der Mindestanzahlungsrate für Zweitimmobilien und die Zusicherung fiskalischer Massnahmen zur Erreichung des Wachstumsziels zählten. Es wird davon ausgegangen, dass die Glattstellung von Leerverkaufspositionen vor den Börsenferien zu den massiven Kursgewinnen beigetragen hat. Dementsprechend ist die Skepsis hoch, dass es sich um ein kurzfristiges Strohfeuer handeln könnte.

Dennoch stieg parallel zu den chinesischen Stimuli auf globaler Sektorenebene die relative Performance von Grundstoffwerten, die neben Aktien aus dem Kommunikations- und Versorgerbereich im globalen Sektorenranking vorne lagen (Abb. 2). Die Versorger profitierten insbesondere von der Erwartung eines hohen Energiebedarfs durch den Einsatz künstlicher Intelligenz. Dagegen zeigten sich Gesundheitswerte schwach, bei denen eine Häufung titelspezifischer Nachrichten zu Einbussen führte. Auch Energietitel hinkten aufgrund der schwachen Konjunkturdynamik dem breiten Markt hinterher.

Abb. 1: Regionale Aktienperformance im September

Net Total Return Indizes in CHF, 31.08.2024=100

Anlagestrategie

Wir sind bei den Aktien weiterhin im Bereich der strategischen Quote (also neutral) gewichtet. Den rückläufigen Inflationsraten und der Aussicht auf weitere Zinssenkungen stehen geopolitische Spannungen, die US-Präsidentschaftswahlen sowie anhaltend hohe Bewertungen am US-Aktienmarkt gegenüber.

Abb. 2: Globale Sektorenperformance im September

Net Total Return relativ zum MSCI World (+1,1 % in CHF)

Update: Marktentwicklung (Stand ca. 09:30 Uhr, 14. Oktober 2024, Basel Zeit)

Der Schweizer Aktienmarkt ist mit +0,7 % freundlich in die neue Woche gestartet. Auch der deutsche Aktienindex (DAX) ist zum Beginn der neuen Handelswoche positiv. Die US-Aktienmärkte werden gemäss den Futures-Börsen heute Nachmittag geringfügig stärker erwartet.

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